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Wein und Käse - Ein einfacher Genuss

Es müssen nicht im Jacobsmuscheln sein

Veröffentlicht am 12. November 2018

Damals, in den französischen Cévennen

Vielleicht erlebt man als Oberstufenschüler nicht allzu viele prägende Dinge, weil man vorwiegend mit sich selbst, Biologie und der Suche nach dem anderen Geschlecht beschäftigt ist… Aber als ein Lebensanker ist meine Studienfahrt nach Frankreich für alle Zeiten hängen geblieben. Wir wohnten zwei Wochen lang in einem quasi verlassenen Bergdorf in den Cévennen westlich von Alès, was ein paar Familien gekauft hatten und nach und nach wieder aufbauten. Ein kleines Flüsschen, eine Mühle, drei Steinhäuser und viele Kastanienbäume an den herbstlichen Berghängen. Die Einsamkeit war wundervoll und allgegenwärtig, der nächste Nachbar ein drei Kilometer entfernt wohnender Bergbauer mit Ziegen und einer Käserei, das nächste Dorf acht Kilometer zu Fuß über den Berg entfernt. Keine Smartphones. Ein Wählscheibentelefon im ganzen Dorf, der Postbote kam alle drei Tage. Der Schäfer brachte regelmäßig die Milch und Ziegenkäse in sechs verschiedenen Reifegraden, und wir übermütigen Teenager machten uns immer wieder energiegeladen zu Fuß auf in das Dörfchen auf der anderen Seite, um frisches Brot, Obst und Wein zu kaufen.

 

Mehr war nicht nötig

Die Abende in Le Bernadou, diesem wundervollen, vergessenen Fleckchen Erde, gehören zu den schönsten Erlebnissen meiner Vergangenheit. 15 Jungs und Mädchen und zwei Lehrer saßen am offenen, in den Felsen gemeißelten Kamin. Über dem Feuer rösteten köstliche Maronen auf einer verbeulten, gelochten Eisenpfanne. In großen Karaffen schimmerte rubinroter, französischer Landwein aus der Region (selbst herangeschleppt aus dem Nachbardörfchen) und auf dem Tisch lagen frisches Baguette und Ziegenkäsevariationen. Ich habe keine Idee mehr, was es für ein Wein war. Aber er schmeckte zusammen mit dem knusprigen Weizenbrot und dem milden bis pikanten Käse einfach sagenhaft. Wir hatten das Gefühl, man müsse in seinem ganzen Leben keine andere Art von Abendbrot mehr zu sich nehmen als dieses. Es wurde geschwatzt, geraucht und gelacht, hier und da machte ein Glas Ricard die Runde. Und wenn es draußen dunkel wurde, warf eine einzige nackte Glühbirne ihr warmes Licht auf unseren Physiklehrer, der mit seiner Gitarre leise Blues Riffs klampfte und sie in bekannte und unbekannte Melodien auflöste. Bis irgendwann alle mitsangen.

 

Genuss kann so einfach sein

Die Welt hat sich weitergedreht seit diesen Abenden in den späten 80ern. Aber einige Gerüche und Geschmäcker bildeten Synapsen in meinem Kopf, die ich nie wieder ausschalten kann. Heiße Maronen auf dem Weihnachtsmarkt lassen mich sofort an dem in den Fels gehauenen Kamin sitzen. Ein Abend mit Freunden, bei dem es Käsevariationen, Brot und Wein gibt – und ich bin wieder in dem kleinen Dorf in den Cévennen. Heute probieren wir verschiedene Weine zu verschiedenen Käsesorten aus, denn genau so wie damals in Frankreich wird es sowieso nie wieder schmecken. Oder wenn, dann eben nur direkt da. Aber es ist überraschend, wie die Trauben und das Milchprodukt in ihren Varianten korrespondieren. Probieren Sie es doch auch einmal aus, wir haben ein paar Anregungen und gute Tipps  zusammengestellt. Lassen Sie den Alltag einmal draußen. Ich rufe jetzt ein paar Freunde von damals an und frage sie, ob wir im nächsten Jahr noch einmal nach Le Bernadou fahren wollen. Dann lege ich eine Platte von Mark Knopfler auf, oder vielleicht von Maxime Le Forestier. Oder Francis Cabrel. Und dann schaue ich aus dem Fenster auf die Kastanien, die sich herbstlich bunt kleiden. Das Leben kann so schön und gleichzeitig so einfach sein.