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Eine Flasche guter Wein ist immer dabei...

Auf Reisen genieße ich die örtliche Tröpfchen ... am nächsten Tag.

Veröffentlicht am 11. Juni 2018

Ich bin ein Reisender. Beruflich und privat treibt es mich regelmäßig quer durch die Republik, von Norden nach Süden und von Osten nach Westen. Und nicht selten auch mal in den ganz hohen Norden. Aus diversen Gründen fahre ich auch längere Strecken gern mit dem Auto, nicht selten gehen die Touren auch in die angrenzenden Nachbarländer und nicht zuletzt auch in interessante Weinregionen. Eben wegen des Autos als Fortbewegungsmittel komme ich meist erst am Abend an, und dann ist so ein wirklich guter Tropfen eine ganz besondere Belohnung für den langen Tag. Arrivo, finalemente. Aber dann noch ein Restaurant suchen? Oder einen Laden, der noch geöffnet hat? Um sich dort vielleicht von einem sauren oder korkigen Hauswein den Abend verderben zu lassen? Heute Abend nicht. An einem Reiseabend möchte ich wissen, worauf ich mich einlasse – deshalb habe ich eine gute Flasche Wein auf solchen Touren immer im Köfferchen.

Auch das spricht gegen den Flug mit Handgepäck, da darf kein Wein mitgenommen werden. Und ich hasse Gepäckbänder, an denen man erst eine Stunde die kreisenden Koffer anstarrt, um am Ende doch beim Lost & Found in der Schlange zu stehen. Ich mag mein Auto und meinen Kofferraum. Und ich mag die Stimmung im Hotelzimmer, wenn der Tag vorbei ist und der Blick über die Lichter der Stadt wandert. Ich mag auch diese Herausforderung der (meist nicht) vorhandenen Weingläser in Hotelzimmern. Sind sie klein oder groß? Haben sie peinliche Aufdrucke oder sind sie gar aus Plastik? Glauben Sie mir – ein hervorragender Wein, aus Mangel an Alternativen im 0,05 Gläschen aus der Minibar getrunken, ist mir immer noch wesentlich lieber als ein uninteressanter oder einfallsloser Massenwein aus einem guten Glas in einem noch nicht gefundenen Restaurant.

Denn der Wein als solcher ist der kleine Luxus, der mich alles andere ausblenden lässt. Das wieder einmal saubere, aber so gar nicht gemütliche Zimmer. Den billigen, verbogenen Korkenzieher (immerhin!) und das lustige, filigrane Weinglas (immerhin!). *flopp!* Wie er duftet, der hochwertige Sangiovese in der schweren Flasche. Ich gebe ihm noch ein bisschen Zeit, gleichwohl er sich in diesem Glas nicht wirklich richtig entfalten kann. Aber man hat ja so seine Gewohnheiten. Aus den Nebenzimmern höre ich leise, vertraute Geräusche. Unter mir brummt die lebendige Stadt ihr ewiges Lied des Lebens. Autos hupen, die Metro rauscht durch die Tunnel. Irgendwo lachen zwei Frauen. Und hier drin habe ich diesen kleinen Moment mit mir ganz allein, auf den ich nicht verzichten möchte. Sozusagen meine Versicherung, dass der erste Abend in einem köstlichen und erholsamen Augenblick endet. Ein kleines bisschen bekannter Genuss in fremder Umgebung. Morgen lasse ich mich durch das Gewühl dort treiben und werde am Abend eins der kleinen Restaurants ausprobieren, die ich auf dem Weg hier her gesehen habe. Mal sehen was der Küchenchef mir für einen Wein empfehlen wird. Hin und wieder entdeckt man auch so wahre kleine Schätze. Aber das ist morgen. Morgen ist ein anderer, ein neuer Tag. Zum Wohl.