Bordeaux – Graves 

Der Weinbau im Bereich Graves wurde bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. von keinem Geringeren als dem berühmten römischen Chronisten Columella beschrieben. Er lobte die Güte und Alterungsfähigkeit der Weine. Das hat sich bis heute kaum geändert. Während der Zeit, in der Bordeaux zu England gehörte, wuchs das Weinbaugebiet im Süden von Bordeaux stetig, und einige berühmte Weingüter wurden bereits im ausgehenden Mittelalter gegründet. Das heutige Château Pape-Clement gehört dazu. Es wurde vom damaligen Bischof von Bordeaux gegründet, dem späteren Papst Clemens V. Auch das Château Haut-Brion entstand in dieser Zeit und erlangte schnell großen Ruhm. Rund 300 Jahre, genauer gesagt vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, wurde das gesamte Gebiet links der Gironde als „Les Graves“ bezeichnet – benannt nach dem kieshaltigen Boden, der „terre graveleuse“. Dann setzte sich für den Bereich oberhalb von Bordeaux der Name Médoc durch. Seit dieser Zeit ist Graves immer kleiner geworden. Im 19. Jahrhundert sollen noch um die 10.000 Hektar bewirtschaftet worden sein, doch Graves hat dem Wachstum der Stadt Bordeaux Tribut zollen müssen. Die Schaffung einer eigenen Klassifikation für die Cru Classé de Graves in den 1950ern hat schließlich einen Bruch zwischen dem nördlichen und dem südlichen Graves eingeleitet; denn alle klassifizierten Weingüter befanden sich im Norden. Der Grundstückspreis ist im Norden in den Hautes-Graves seit dieser Klassifizierung auf das Zehnfache dessen gestiegen, was man im Süden für einem Hektar erhält. 1987 erfolgte dann auch der offizielle Bruch, als die eigene Appellation Pessac-Léognan im Norden von Graves entstand. Alle Cru Classé befinden sich seitdem im Bereich Pessac-Léognan.

Graves umfasst heute 2.528 Hektar für rote Trauben, 749 Hektar für weiße Trauben, die trocken ausgebautwerden, und 153 Hektar für weiße Graves Supérieurs, die lieblich ausgebaut werden. Bei den roten Trauben überwiegt der Merlot mit 59 %. Es folgen Cabernet Sauvignon mit 35 % und Cabernet Franc mit 2 %. Petit Verdot, Carmenère und Malbec gibt es nur in geringen Mengen. Unter den weißen Trauben dominiert der Sémillon mit 61 %, gefolgt von Sauvignon Blanc mit 32 %, Muscadelle mit 4 % und Sauvignon Gris mit 3 %.  

Sowohl die etwas höheren Temperaturen im Gegensatz zum Médoc als auch die unterschiedlichen Böden dürften dazu geführt haben, dass der Merlot hier leicht überwiegt. Es gib viele verschiedene Boden-Varianten, zum Beispiel mit Kies aus der Günz-Periode, als Peyrosol mit einem Kies- und Schottergemisch, Böden mit sandigem Kies, Sand, schwerem Lehm oder auch Kalkstein.  

In Graves gibt es heute 205 Weingüter. 13 davon arbeiten, Stand 2020, biologisch-organisch. Im Durchschnitt besitzen sie 16 Hektar. Nachdem alle namhaften Güter in die AOC Pessac-Léognan abgewandert sind, kann man echte Entdeckungen mit sehr guter Preis-Genuss-Balance finden.