Tesdorpf Geschichte

Das Haus Tesdorpf

Geschichte einer traditionsreichen Patrizierfamilie


Abbildung: Das Weinhandelshaus Carl Tesdorpf befindet sich in der berühmten Mengstraße in Lübeck, wenige Meter neben dem »Buddenbrookhaus«.

Wein-Hansestadt Lübeck

Seit dem Mittelalter ist die Hansestadt Lübeck ein bedeutender Handelsplatz insbesondere für Weine aus Frankreich. Zum einen war der Landweg von Frankreich Jahrhunderte lang zu beschwerlich, teuer und zu gefährlich. Zum anderen hatte sich schon früh herausgestellt, dass der per Schiff von Frankreich über Nord- und Ostsee transportierte Wein durch die Seereise an Reife und mildem Geschmack gewann. Die weitere Zwischenlagerung im Seeklima von Lübeck wirkte zusätzlich auf die positive Entwicklung des Weines ein. Dieser spezielle französische Wein wurde bald in ganz Nordeuropa »Lübecker Rotspon« (von »Spon«, niederdeutsch für Span, womit das Holzfass gemeint war) genannt und erlangte weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Berühmtheit. So kam es, dass in Lübeck mehr Wein gelagert und gehandelt wurde als irgendwo anders in Europa.

Chronik der Lübecker Weinhandlung Carl Tesdorpf von 1678

»Pie, Honeste, Temperente« – »Fromm, rechtschaffen und maßvoll«, unter diesem Motto steht seit annähernd 350 Jahren das Wirken des Weinhandelshauses.

Das Weinhandelshaus Tesdorpf zu Lübeck wurde 1678 gegründet. Der Ort war zur Blütezeit der späten Hanse ein Umschlagplatz für Weine aus Europa. Viele dem Haus heute wichtige Verbindungen zu Top-Erzeugern und Regionen in Europa wurden damals geknüpft. Sie ermöglichen es heute, Raritäten und limitierte Weine zugeteilt zu bekommen. Tesdorpf belieferte in seiner Geschichte Kaiser wie Wilhelm II. und Literaten wie Johann Wolfgang von Goethe. In Lübeck wohnte nur wenige Meter von der Weinhandlung entfernt die Familie von Thomas Mann, zu der beste Beziehungen unterhalten wurden.

Neben der Verbindung nach Bordeaux haben die Tesdorpfs hervorragende Beziehungen zu den Spitzenerzeugern Italiens, Spaniens und zu guter Letzt auch der Neuen Welt. Auch der Kontakt zu deutschen Top-Winzern wurde gewissenhaft gepflegt. So bekommt der Kunde heute klassifizierte Bordeaux, die begehrten Super-Tuscans oder die Icon-Wines aus Übersee ebenso wie die Spitzen-Gewächse der aufblühenden deutschen Weinszene aus einer Hand. Carl Johann Tesdorpf setzt die große Tradition mit kompromisslosem Qualitätswillen fort.
Wie schon seine Vorfahren betrachtet er den Weinhandel als Mission für den guten Geschmack. Die Geschichte der Kaufmannsfamilie Tesdorpf reicht über 12 Generationen bis in die Mitte des 16. Jahrhundert zurück. Ursprünglich wohl im Holsteinischen beheimatet, dürfte sie schon länger auch im Handel tätig gewesen sein. Zumindest ist sie nicht unvermögend und offensichtlich gebildet. Denn der erste erwähnte Spross der Familie übernimmt, als er nach Hamburg zieht, gleich eine bedeutende Stellung und bringt es darin auch zu einem gewissen Wohlstand.

Als Stammvater des Geschlechts kann Nikolaus Tesdorpf angesehen werden, der als Sendbote des Hamburger Rates 1541 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Sein Sohn, Peter Tesdorpf, geboren um 1560, gestorben im Oktober 1628, taucht dann erstmals in den Bürgerlisten der Hansestadt Hamburg auf. Im letzten Viertel des 16. Jahrhundert wanderte dieser, älteste bekannte Vorfahre der vermutlich nach dem Dorfe Tesdorpf in der damaligen Grafschaft Pinneberg benannten Familie in das linkselbische Land Hadeln am Unterkauf der Elbe ein und wurde dort sesshaft. Er wurde am 3. Oktober 1608 zum hamburgischen Befehlshaber des Neuwerker Thurmes, das heißt zum Vogt ernannt; begraben wurde er in der St. Gertrudis-Kirche zu Dose bei Cuxhaven an der Elbe.

Peter Tesdorpf hatte drei Söhne. Sein ältester Sohn Ewert (Eberhard) Tesdorpf wurde 1629 als sein Nachfolger zum hamburgischen Befehlshaber des Neuwerker Thurmes ernannt. Dieser heiratete 1654 Margarethe Wittke, blieb jedoch ohne Nachkommen. Sein zweiter Sohn Hartwig Tesdorpf, geboren am 14. Juni 1650, ließ sich als Kaufman in Hamburg nieder und blieb unverheiratet. Er starb im Jahre 1679 im Alter von nur 29 Jahren.

Sein jüngster Sohn, Johann Tesdorpf, geboren am 9. April 1598 im Lande Hadeln wurde bischöflich bremischer und lübeckischer Amtsschreiber des Amtes Kaltenhof bei Lübeck. Er heiratete Christina Holtermann, Tochter des Lübecker Weinhändlers Hinrich Holtermann. Die Eheleute bekamen zwei Kinder. Doch schon bald verstarb Johann Tesdorpf am 5. Juli 1651 in Schwartau und wurde im Dom zu Lübeck beigesetzt. (Siehe Abbildung: Portrait mit Sohn Peter Hinrich Tesdorpf I. (1631), Portrait Christina Holtemann).

Christina Holtermann heiratete erneut, und zwar Christoph Schierlenz, der auch Nachfolger Johann Tesdorpf im Amt des Amtsreibers wurde. Die Kinder erhielten eine ausgezeichnete Ausbildung. Die Tochter Johanna Felicitas Tesdorpf heiratete den Pastor Martin Nordamus in Sandesneben und verstarb selbst bereits im Jahre 1681. Im Jahr darauf verstarb auch ihre Mutter. Dem Sohn Peter Hinrich Tesdorpf I., geboren am 21. November 1648 in Schwartau, gestorben am 27. Dezember 1723 Lübeck, war ein langes und erfolgreiches Leben geschenkt, er wurde wie sein Großvater Kaufmann und Weinhändler in Lübeck, Ratsherr und Bürgermeister.


Lübeck als Hauptort der Hanse war seit dem späten Mittelalter der Hauptstapelplatz für den Umschlag von ausländischen Weinen für ganz Nordeuropa. Die Lübecker Weinhändler belieferten schon früh die skandinavischen Königshäuser in Kopenhagen und Stockholm, den russischen Zarenhof in St. Petersburg, sowie die preußischen Könige und deutschen Kaiser. Und seit fast 350 Jahren ist das Handelshaus Carl Tesdorpf eines der bedeutendsten und vor allem langlebigsten unter ihnen. Generationen von Tesdorpf haben nicht nur als Kaufleute sondern auch als Ratsherren und Bürgermeister in Lübeck und damit in Europa Geschichte gemacht. Peter Hinrich Tesdorpf ein Bewunderer und Förderer des großen Komponisten Dietrich Buxtehudes war der Begründer einer Weinhandelstradition, die in ihrer Kontinuität ihres Gleichen sucht. Er stand dem Unternehmen 45 Jahre vor.

Im Jahre 1678 wird das Weinhaus Tesdorpf zu Lübeck von Peter Hinrich Tesdorpf I. (1648-1723) gegründet. Seither steht das heute älteste deutsche Weinimporthandelshaus im Besitz der Hanseatischen Patrizierfamilie Tesdorpf. Es ist nach den Fuggern das zweitälteste familiengeführte Handelsunternehmen Deutschlands. Der Verkehr im großelterlichen Hause des renommierten Lübecker Weinhändlers Holtermann wirkte ausschlaggebend auf die Wahl seines Berufes, und so entschloss sich Peter Hinrich Tesdorpf, den Weinhandel von der Pike auf zu erlernen. Kaum 15 Jahr alt, verließ er im Jahre 1663 das elterliche Haus. Er erlernte das Handwerk des Weinhändlers im Hause und im Geschäft des damaligen Ratsherren und späteren Bürgermeisters Adolph Matthäus Rodde I. (1598-1678), einem der bedeutendsten Großhandelskaufleuten seiner Zeit. Dessen Enkel Adolph Matthäus Rodde III. (1681-1754) heiratete Tesdorpfs Tochter Maria, dessen Enkelin Catharina Elisabeth Rodde später seinen Sohn Johann Hinrich heiratete.

Nach dem Tod Matthäus Roddes gründete Peter Hinrich Tesdorpf im Alter von 30 Jahren in der Mengstraße 33 seine eigene Weinhandlung. Im gleichen Jahr heiratet er die 20-jährige Venna Dorothea Woltersdorf, Tochter des alteingesessenen Lübecker Kaufmanns Hans Woltersdorf, die eine ansehnliche Mitgift mit in die Ehe brachte. Die beiden bekamen 5 Kinder. Die älteste Tochter Margaretha Christina, geboren 1679, heiratete den Lübecker Kaufmann Nicolaus Hüppert. Der älteste Sohn, Johann Christoph, geboren 1680, wurde Pastor in Neuengamme und blieb ohne Nachkommen. Der zweite Sohn Peter Hinrich Tesdorpf II. (1681-1721) wurde wie sein Vater Kaufmann und gründete eine eigene Weinhandlung in Lübeck. Der dritte Sohn Ludwig Tesdorpf (1683-1744), ließ sich als Kaufmann in Lissabon, später in Lübeck nieder und trat in das Unternehmen seines Vaters ein. Er war zweimal verheiratet und hatte eine Tochter, die den Lübecker Kaufmannssohn, Ratsherrn und späteren Bürgermeister Joachim Peters heiratete, aber kinderlos bleib. Der jüngste Sohn Hans Jürgen Tesdorpf, geboren am 13. September 1684, wurde ebenfalls Kaufmann, trat ins väterliche Geschäft ein, verstarb aber bereits am 20. März 1719. Er war verheiratet; hatte vier Kinder; die älteste Tochter heiratete den Kaufmann, Ratsherren und Bürgermeister Dietrich Balemann.

Nach dem Tod seiner ersten Gattin heiratete Peter Hinrich 1689 die 31-jährige Lübecker Kaufmannstochter Magdalena Stegmann. Mit ihr hatte er weitere 9 Kinder. Seine älteste Tochter Maria heiratete den Sohn seines Lehrherren Matthäus Rodde, der sein Teilhaber im Unternehmen wurde, wie auch Nachfolger als Ratsherr und Bürgermeister der Hansestadt Lübeck. Ihr Enkel Matthäus Rodde (1754-1825) heiratete Dorothea von Schlözer und wurde ebenfalls ein bedeutender Bürgermeister der Stadt. Ihr ältester Sohn Johann Hinrich (1697-1754) wurde später sein Nachfolger. Die Hanse hatte ihre Vormachtstellung in dieser Zeit verloren. Neben Thomas Fredenhagen gehörte Peter Hinrich Tesdorpf zu einer neuen Generation von Kaufleuten, die den veränderten Handelsbedingungen kreativ und mutig begegneten. Sie erwarben eigene Handelsschiffe, schlossen feste Verträge mit Produzenten, unterliefen den Zwischenhandel und erwarben somit selbst ein Monopol auf den Handel mit hochwertigen Weinen. Das Geschäft bezog seine Weine teils über Holland (Rheinweine) und aus Frankreich, vornehmlich aber aus Spanien und Portugal. Die letzteren Länder lieferten: Malvaster, Malvsier, Alicante, Bastert, Xeres, Oportowein, Canariensekt und viele andere Sorten. Das Hauptgeschäft bezog sich jedoch zunehmend auf Importe von Rotweinen aus dem Bordeaux, der in den Lübecker Kellern lagerte und dort zur Reife gelangte. Als »Lübecker Rotpson« genoss er rasch einen vorzüglichen Ruf. Die Lübecker Weinhändler machten den französischen Rotwein im Norden Europas überhaupt erst salonfähig.

Im Jahre 1694 bezog Peter Hinrich Tesdorpf das Stammhause in der Mengstraße, Ecke Untertrave, dem die Weinhandlung über 8 Generationen treu bleiben sollte. Ferner erwarb er im Lübecker Gründungsviertel die Eckhäuser Fischstraße Nr. 28, 30 und 29 als Lagerräume. In Lissabon, dem damaligen Hauptplatz des Weinhandels an der Atlantikküste, besaß die Handelsgesellschaft ein Zweitgeschäft. Demselben stand längere Jahre Peter Hinrichs Sohn Ludwig Tesdorpf (1683-1744) vor. Als dieser 1717 auf Wunsch seines Vaters nach Lübeck zurückkehrte, um die Stellung seines und die des schwer erkrankten Bruders Hans Jürgen anzunehmen, trat an seine Stelle in Lissabon der dort bereits seit 1711 tätige, spätere Schwiegersohn Peter Hinrichs, Adolph Matthäus Rodde III. (1681-1754) der Enkel des Lehrherren Peter Hinrichs. Dieser kehrte 1722 nach Lübeck zurück, heiratete im Jahr darauf Peter Hinrichs Tochter Marie Tesdorpf und trat 1724 in die Firma ein.

Peter Hinrich erwarb große Reichtümer, am Ende seines Lebens hatte er rund eine Millionen Mark lübsch erwirtschaftet und war damit einer der erfolgreichsten Kaufleute seiner Zeit. 1703 wurde er im Alter von 55 Jahren in den Rat der Stadt gewählt, 1715 zum Bürgermeister. Damit erreichte sein gesellschaftlicher Aufstieg seinen Höhepunkt. Vom zugereisten, mittellosen Waisenkind war er zum ersten Mann im Staate emporgestiegen. Peter Hinrich Tesdorpf war zudem ein frommer Mann. Er besuchte regelmäßig die Gottesdienste in der Marienkirche, lauschte wie auch seine Ratskollegen Thomas Fredenhagen und Matthäus Rodde den Predigten von Jacob von Melle und den Abendmusiken des großen Dietrich Buxtehudes. Und dort wurde er auch 1723 begraben, nachdem er hochbetagt im Alter von 75 Jahren verstorben war.

                                                           Abbildung: Epitaph in der Marienkirche, Porträt von Balthasar Denner im Rathaus, 1711



Peter Hinrich Tesdorpfs ältester Sohn Johann Christoph war Pastor in Neuengamme geworden. Sein Sohn Peter Hinrich Tesdorpf II. (1681-1721) begründete eine eigene Weinhandelsdynastie, die der Tesdorpf-Rückerts und Tesdorpf-Meyers. Peter Hinrich II. heiratete die Lübecker Kaufmannstochter Catharina Hübens. Das Ehepaar hatte 8 Kinder. Er war verheiratet mit Elisabeth Dorothea Benser. Auch sie hatten 8 Kinder. Ihr Sohn Peter Hinrich VII. (1751-1832) wurde wie sein Urgroßvater ein bedeutender Geschäftsmann und Politiker. Er erwarb 1779 das heutige Behnhaus, das er 1805 an einen Nachfahren der Familie Rodde veräußerte. Seine beiden Söhne Friedrich Jacob (1781-1862) und Johann Christoph (1785-1857) führte sein Geschäft fort. Ein weiterer Sohn, Johann Christoph (1720-1791) tritt später in das Weinhandelshaus seines Onkels Johann Hinrich ein.



Peter Hinrich Tesdorpfs großes Geschäft wurde von seinen Söhnen Ludwig (1683-1744) und Johann Hinrich (1697-1754) im Verein mit deren Schwager Matthäus Rodde (1681-1754) fortgesetzt. Die Entziehung des größten Teils des Vermögens, welches an die Erben ausgeteilt wurde, machte eine wesentliche Einschränkung des umfangreichen Betriebes notwendig. Eine weitere Einschränkung erlitt dasselbe, als Ludwig nach einigen Jahren aus dem Geschäft trat.

Johann Hinrich Tesdorpf (1697-1754) begründete die Dynastie Tesdorpf - Roek, - Schroeder – Zamlin. Er war verheiratet mit seiner Schwägerin Catharina Elisabeth Rodde (1712-1782). Das Ehepaar hatte13 Kinder. Der älteste Sohn Peter Hinrich verstarb bereits 1738. Sie hatten zwei weitere Söhne, Johann Hinrich und Franz Bernhard (1743-1791). Letztlich führte jedoch ihr jüngster Sohn Peter Hinrich VI. (1746-1811) das Geschäft fort.

Eine weitere sichere und stetige Entwicklung war dem Geschäft durch Johann Hinrich Tesdorpf beschert. Er führte das Unternehmen über 20 Jahre lang höchst erfolgreich. 1728 feierte das Handelshaus sein 50-jährige Firmenjubiläum. Zu ihren Kunden zählte in diesen Tagen zahlreiche Herrschaftshäuser sowie bedeutende Staatsmänner wie Thomas Jefferson. 1739 Jean Henry Schyler aus Hamburg und Jacques Schröder aus Lübeck gehen nach Bordeaux. Die Familie Tesdorpf heiratete später in diese Familien ein und bauen enge Geschäftsbeziehungen zu ihnen auf. 1753 kredenzt Friedrich der Große seinem Gast Voltaire Lübschen Rotwein zum Hirsch. Nach dem frühen Tod Johann Hinrich Tesdorps 1754 übernahm sein Neffe Matthäus Rodde die Geschäftsführung des Hauses. Sein minderjähriger Sohn Peter Hinrich Tesdorpf VII. (1746-1811) ging zunächst zur Ausbildung nach Bordeaux in die Familie Schyler.

 


Abbildung: Johann Hinrich Tesdorpf und Catharina Elisabeth Tesdorpf, geborene Rodde.


Die Weinhandlung Tesdorpf wurde nach dem Tod Johann Hinrichs zunächst von seinem Neffen Adolf Matthäus Rodde IV. von 1755 bis zum Jahre 1792 weitergeführt.  1770-1791 trat ein weiterer Neffe, Johann Christoph Tesdorpf (1720-1790), der Sohn von Peter Hinrich Tesdorpf in die Firma ein. 1778 feierte die Firma ihr 100-jähriges Jubiläum. 1793-1811 erfolgte die Ausgliederung des Weinhauses Peter Hinrich Tesdorpf (1746-1811). Eine Besonderheit des Hauses war und sind die außergewöhnlichen engen Beziehungen zum Handelsplatz Bordeaux. Im Jahre 1782 heiratete der Enkel des Firmengründers Peter Hinrich Tesdorpf VI. (1746-1811) Susanne Rahel Schyler, die Tochter der renommierten Weindynastie Schröder-Schyler. Das Ehepaar hatte 8 Kinder.

Suzette Rahel Tesdorpf, geborene Schyler im Kreis ihrer Kinder (1793-1859), sitzend Frau Herzonant, Gattin von Harald Camille Herzonat, stehend spätere Frau Stock, Kind spätere Frau Kirstein. Peter Hinrich Tesdorpf VI. erlernte in Hamburg und in Bordeaux den Weinhandel von der Pike auf kennen und heiratet mit Susanne Rahel Schyler in eines der ersten Weinhandelshäuser von Bordeaux ein. Er gründet in Bordeaux zunächst ein eigenes Weinhandelshaus, das eng mit dem von seinem Onkel Matthäus Rodde geführten elterlichen Stammhaus in Lübeck zusammenarbeitet. Von den Folgen der französischen Revolution werden auch sie in ihrer Existenz bedroht. Bei Nacht und Nebel fliehen sie aus Bordeaux. Nach gefahrvoller Fahrt auf einer Bark erreichen sie erst nach Monaten den rettenden Lübecker Hafen. Noch im gleichen Jahr, nämlich 1793 eröffnet Peter Hinrich ein Weinhandelsgeschäft in der Mengstraße 33, in der sein Großvater das Weinhandelshaus gegründet hatte. Sein unternehmerischer Wagemut wird belohnt. Die Zeiten für Weinhandel sind exzellent   Der Einmarsch der napoleonischen Truppen in die Niederlande begünstigt die Rolle der Hansestädte als Stapelplätze. Doch mit dem Aufschwung ist es schon bald wieder vorbei. 1793 gab es eine Erweiterung um das Haus Mengstraße 35.
 
Napoleonische Zeit

Mit der Besetzung Lübecks durch die napoleonischen Truppen im November 1806 brechen für das Handelshaus Tesdorpf schwere Zeiten an. Die Besatzungssoldaten plündern die Weinkeller. Der Bruder Peter Hinrichs, Johann Matthäus, damals Bürgermeister der Stadt, vermag dem Treiben keinen Einhalt zu gebieten. Zusammen mit ihrem Vetter Peter Hinrich, eines weiteren Ratsherrn, müssen sie sich der Gewalt der Besatzungsmacht beugen.

                                                                                      Abbildung: Johann Matthäus Tesdorpf (1749-1824).

Johann Matthäus Tesdorpf war ein wahrer Schöngeist, er war befreundet mit dem Dichter Gottfried August Bürger durch den er Goethe kennenlernte, der in einem Brief an Bürger über ihn schrieb: »Mein Herz ist aufgegangen, über diese holde Seele«. Bruder Johann Matthäus fährt 1774 mit Goethe in Berlin Schlittschuhe. 1803-1826 wurde der Bruder von Johann Hinrich Tesdorpf (1787-1826) Teilhaber der Firma Schroeder & Schyler.


Nach dem Abzug der Franzosen 1813 lag es in der Hand Johann Matthäus Tesdorpf die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Sein Bruder Peter Hinrich war 1811 verstorben. Das Weinhaus Tesdorpf wurde später von dessen Sohn Peter Hinrich VIII. (1793-1862) wiederaufgebaut. Zunächst übernahm jedoch 1814 sein Schwager und Teilhaber Harald Camille Hernozant die Geschäfte, 1823 übernahm dann zuerst sein älterer Bruder Franz Bernhard die Firma. 1840 schließlich wurde Peter Hinrich alleiniger Geschäftsführer. Franz Bernhard begründet das Weinhaus Tesdorpf-Roek. Ein weiterer Bruder, Johann Jacob Tesdorpf (1799-1863) begründet das Weinhandelshaus Tesdorpf-Zamlin in Norrköping in Schweden. Peter Hinrich ging nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen nach Bordeaux und erlernte im Geschäft seines Bruders Johann Hinrich bei Schröder, Schyler & Co. gründlich den Weinhandel. Später bereiste er Dänemark, Norwegen, Schweden und Russland und kehrte vielerfahren 1823 nach Lübeck zurück, wo sein Bruder Franz Bernhard den rastlos Tätigen in das väterliche Weinhandelshaus aufnahm, das er von 1840 bis zu seinem Tode 1859 leitete. 1828 feiert die Firma ihr 150-jähriges Jubiläum. Wie viele Angehörige der Familie Tesdorpf vor und nach ihm beteiligte er sich vielfältig an den Aufgaben der Hansestadt. So war er Schüttungsältermann, wortführender Ältester der Schonenfahrergesellschaft und darüber hinaus Großherzoglich-Mecklenburg-Strelitzscher Konsul. Peter Hinrich Tesdorpf heiratete Wilhelmine Schröder, die Tochter des angesehenen Lübecker Konsuls Schröder. Die beiden hatte 11 Kinder. Ihr fünfttgeborener Sohn, Carl Friedrich Wilhelm übernahm nach dem Tod des Vaters das elterliche Unternehmen.


Dem Sohn, Carl Friedrich Wilhelm I., königlich portugiesischer Konsul, und dessen Bruder Krafft gelang es dann, mit vereinten Kräften das Geschäft wieder zu einem der ersten Weinhandelshäusern Lübecks zu machen. Mit dem Anschluss Lübecks an den Deutschen Zollverein 1868 blühte der Weinhandel an der Trave wieder auf. Tesdorpf profitiert nach 1871 vom Gründerboom. 1878 feiert die Firma ihr 200-jähriges Jubiläum.

Carl Friedrich Wilhelm wurde geboren am 26. Dezember 1834, besuchte das Katharineum, erlernte den Weinhandel im väterlichen Geschäft (Gebrüder Tesdorpf) und später in Elbing, reiste mehrere Jahre für das französische Weinhandelshaus Hasenclever & Co. in Nuits. Und gründete am 1. Januar 1859 in Lübeck sein eigenes Weinhandelsgeschäft unter den Namen Carl Tesdorpf. In dasselbe nahm er im Jahre 1868 seinen Bruder Krafft als Teilhaber auf. Und es gelang den beiden Brüdern das Geschäft zu einem der ersten Weinhandelshäusern Lübecks zu machen. Carl Friedrich Wilhelm verheiratete sich am 2. Mai 1861 mit Elisabeth Louise Eschenburg, Tochter des wohlhabenden Kaufmanns und Ratsherren zu Lübeck, Johann Daniel Eschenburg. Er bewohnte lange Jahre während der Winterzeit das Geschäftshaus in der Mengstraße 70. Das Lagerhaus befand sich in der Zeit in der Alfstraße 33. Im Sommer dagegen wohnte er vor dem Burgtor. Im Jahre 1885 bezog er ein schönes, ebendort in der Marlistraße 12 gelegenes Gartenhaus, welches die Berliner Baumeister Kayser und von Groszheim in seinem Auftrage erbaut hatten.

Im September 1870 reiste er mit den von den Bürgern der Stadt gespendeten Liebesgaben für die Verwundeten und im Felde stehenden Lübecker nach Merz und abermals am 25. Oktober nach Paris. 1873 erhielt er den Kronenorden 3. Klasse mit dem Kreuz auf weißem Felde für patriotische Leistungen und er wurde 1883 zum Ehrenmitglied des Kriegervereins von 1870/71 ernannt. Im Mai 1886 erfolgte seine Ernennung zum Vizekonsul des Königreichs Portugal. Als solcher hatte er die hohe Ehre, am 26. August 1886 seiner Majestät, den König von Portugal in Lübeck bzw. Travemünde begrüßen zu dürfen. Im Dezember 1886 wurde er zum Chevalier des portugiesischen Christus Ordens ernannt. In den Buddenbrooks hat Thomas Mann die Familie Tesdorpf unter dem Pseudonym »Weinhändler Kistenmaker« als den Wein-Lieferanten der Familie verewigt. Der Urgroßvater des jetzigen Inhabers, Carl Johann Tesdorpf, Krafft Tesdorpf war zeitweise Verwalter des Mann‘schen Vermögen und Vormund der Brüder Heinrich und Thomas Mann und kam als »Stephan Kistenmaker« zu Ehren. Das Weinhaus Tesdorpf alias »Kistenmaker & Söhne«, wurde in den Buddenbrooks als »aufblühende Weinhandlung« gewürdigt, die nach der Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen habe, die Lübecker Konkurrenz »aus der Mode zu bringen«. Und den Tesdorpfschen Weinen ließ der Autor gar eine ganz besondere Auszeichnung zu Teil werden: Das erste Gala-Dinner des frisch vermählten Thomas Buddenbrook, zu dem sämtliche Honoritäten Lübecks erschienen waren, und von dem man »an der Börse noch acht Tage lang in den lobendsten Ausdrücken sprach«, glänzte mit »Kistenmaker‘schen Weinen«. Aus seiner Ehe mit Elisabeth Louise Eschenburg gingen vier Söhne hervor. Der älteste Sohn Johann Daniel macht sich mit einer Weinhandlung in Hamburg selbständig, in die ihm später sein jüngerer Bruder Peter Hinrich folgte. Der zweitgeborene Carl Friedrich Wilhelm II, übernahm hingegen nach dem Tod des Vaters die Weinhandlung in Lübeck.
 
Krafft Tesdorpf wurde am 12. April 1842 in Lübeck geboren, besuchte zunächst wie seine Brüder das Katharineum, später drei Jahre lang die Petri`sche Realschule. Er erlernt den Handel in dem Geschäft von August Lanckhals & Co. in Lübeck und später in Bordeaux bei Schröder, Schyler & Co. Im Jahre 1868 kehrte er nach Lübeck zurück und wurde selbst Teilhaber des Geschäftes seines Bruders, Carl Tesdorpf. Er wohnte lange Jahre im Hause seines Großvaters Johann Matthäus Tesdorpf in der Königstraße 56. Im Jahre 1880 wurde er in den Vorstand der Vereins der Lübecker Weinhändler gewählt und 1883 zum Vorsteher des Waisenhauses ernannt. Von 1883-1884 gehörte er der Einquartierungs-Kommission an, wurde 1885 in die Central-Armen-Deputation und 1887 zum Vorsteher der Spar- und Anleihe-Kasse gewählt. Am 1. Januar 1886 trat er aus dem Geschäft seines Bruders aus.


Die Geschicke des Hauses Tesdorpf übernahm der Urenkel Peter Hinrichs VI., Carl Friedrich Wilhelm Tesdorpf II., geboren 1868, Weinhändler in Lübeck und seit dem Jahre 1898 preußischer Konsul. Den Weihandel erlernte er im väterlichen Geschäft. Am 1. Januar 1897 nahm ihn sein Vater als Teilhaber auf, bereits zwei Jahre später übernahm er das Weinhandelsgeschäft auf eigene Rechnung und leitete es bis zu seinem Tod im November 1951 über zwei verlorene Weltkriege mit wirtschaftlichen Zusammenbrüchen von katastrophalen Ausmaßen hinweg in immer neue, große Bahnen. Im Jahre 1903 feierte die Firma ihr 225-jähriges Jubiläum und1909 wurde das Stammhauses zum 50. Jahrestag der Neugründung neuaufgebaut. Das Haus Tesdorpf wird zum größten Importeur französischer Weine im Deutschen Reich. Er führt das Weinhaus durch die Wirren des 1. und 2. Weltkrieges. Durch den Verlust der deutschen Ostgebiete nach dem Ende des zweiten Weltkrieges büßte das Haus den größten Teil seines Kundenstammes ein. 1906 lagerte das Unternehmen 6000 Oxhofte und 700.000 Flaschen Wein. Ein eigenes Lager für Fassweine gab es in der Alfstraße 33 mit einer Kapazität von 4.000 Oxhofte, zusätzlich lagerten im Ratskeller 1.500 Oxhofte (1 Oxhoft = 217 Liter). Unter Hinzunahme von vier Nachbargrundstücken wurde 1908 auf 1.200 m2 das neue, imposante Stammhaus errichtet, ausgerüstet mit allen Errungenschaften der Zeit, wie elektrische Fahrstühle, Spezialmaschinen und dergleichen. Das herrliche Portal aus der Barockzeit wurde als Eingang erhalten. Der Neubau enthielt außer den modernen Büros Geschäfts- und Expeditionsräume, der Packdiele und drei großen Räumen, in denen die Weine auf Flaschen gefüllt wurden. In den Abfüllräumen lagerten regelmäßig mehrere 1.000 Oxhofte davon, außerdem alle deutschen und andere südländischen Weine in Fässern. Das eigentliche Lager für Fassweine befand sich in dem ebenfalls der Firma gehörigen Grundstück Alfstraße 33, in welchem 4.000 Oxhofte lagerten, und in dem unter der städtischen Markthalle befindlichen Lagerkeller, welcher 1.500 Oxhofte aufnehmen konnte.

 

Weinetiketten

  • 1899 Haute-Brion Latour
  • 1906 Clos de Vougeot Pierre Ponelle
  • 1920 Schenkung Bildnis von Thomas Fredenhagen und Gattin 1675 von Gottfried Kniller
  • 1920 Chateau Mouton Rothschild
  • 1921 Tesdorpfsche Haus Königstraße 11 vom Staat
  • 1921 Chateau Morange Ludon Louis Eschenauer
  • 1923 Chateau Mouton Rothschild, Chateau La Rose Baure, Brane Cantenon Louis Eschenauer
  • 1924 Graves Superieur
  • 1926 Chateau Lagarde Louis Eschenauer
  • 1926 erwarb das Weinhaus Schröder-Schyler das 1751 gegründete Chateau Kirwan.
  • 1928 250-jähriges Jubiläum, Chateau Gruad-Larose Saint-Julien
  • 1929 Pommard Chanson Perrord
  • 1932 Savigny Clos de Guelles Lionel Bruck
  • 1937 Chateau Pavie St. Emilion Bordeaux
  • 1945 Chateau Margaux
Carl Tesdorpf wurde im Jahre 1906 als einziger Sohn von Carl Friedrich Wilhelm Tesdorpf und Cesarine Tesdorpf, geborene Behn, in Lübeck geboren. Nach seiner Lehrzeit in einer angesehene Lübecker Kolonialwarengroßhandlung ging er im Jahre 1926 nach Bordeaux, um im Produktionsgebiet französischer Rotweine gründliche Fachkenntnisse zu erwerben. Und die seit alters her bestehenden Familienbeziehungen zu den ersten Weinhandelshäusern Bordeaux zu vertiefen. Nach weiterer langjähriger Tätigkeit in ausländischen Weinbaugebieten widmete er sich der Pflege der freundschaftlichen Beziehungen zu den Kunden des Hauses Tesdorpf. Es war ihm durch seinen Charme und durch seine starke Persönlichkeit möglich, für seine Firma wertvolle Freundschaften zu gewinnen. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1951 übernahm Carl Tesdorpf die Führung der Weinimport- und Großhandelsfirma. In diese Zeit fällt die Verlagerung des Handels mit Fassweinen zum Handel mit Flaschenweinen. Qualifizierte Weine wurden nunmehr zunehmend als Direktabfüllung vom Weingut gehandelt. So feierte Tesdorpf 1953 das 275-jähriges Firmenjubiläum.

Abbildung: Jubiläumsglas

 

Im Jubiläumsjahr lag der Weinumsatz erstmals über dem der Vorkriegszeit, die Firma zählte zu den größten ihrer Branche in Deutschland und sie belieferte Kunden von der dänischen Grenze, bis ins Alpenvorland. Carl Johann I. erkannte rechtzeitig die Bedeutung, die der Markenartikel für Handelshäuser zu nehmen begann und gründete im Jahre 1960 die Firma Tesdorpf und Deiters als Importfirma von Markenspirituosen. Diese Gründung erwies sich sehr bald als besonders glücklich und erfolgreich, zumal es ihm überdies gelungen war, einen hervorragenden und tüchtigen Fachmann für die Führung des Tochterunternehmens zu gewinnen. Außer seiner Arbeit widmete Carl Tesdorpf seine Fähigkeiten den Interessen des Berufsstandes, auch auf intereuropäischer Basis. Er war lange Jahre hindurch Präsident der Fédération Internationale des Vins et Spiritueux Paris, die ihn nach Niederlegung dieses Postens zum Ehrenpräsidenten ernannte. Von seinem amerikanischen Whiskeylieferanen National Destillers wurde er im Jahre 1970 zum »Man oft the year« dank seiner besonderen Verdienste um die Bourbon Whiskey Importe ernannt. Auf seinen klugen Rat legte man im Bundesverband des Deutschen Wein- und Spirituosenhandels stets sehr großen Wert. Carl Tesdorpf heiratete Marguerite Tesdorpf, geborene Blattmann aus Wädenswill am Züricher See. Sie hatten fünf Kinder: Peter Hinrich *1938, Gabrielle Virginia de Choubersky *1940, Beatrice Cesarine *1948, Elena Margaritta * 1949 und Carl Johann II. *1950. Beide Söhne übernahmen später das Unternehmen.

 

Weinetiketten

  • 1953 Beaujolais
  • 1954 Niersteiner Domtal
  • 1955 Chateau le Menandale Blaye
  • 1964 Chateaux Laconet von Bachelot
  • 1964 Chateu Plaisana Porsac Saint-Emilion, Moulin von Paul Bouchard, Pommard von Paul Bouchard, Graves de Vayers,
  • 1969 Chateauneuf du Pape von Paul Bouchard
  • 1971 Chateau Cayon Cote de Bourg


Nach dem Tod ihres Vaters übernahm zunächst der älteste Sohn, Peter Hinrich, das Geschäft. Zwei Jahre später trat auch der jüngere Sohn, Carl Johann, in das Unternehmen ein. Peter Hinrich war für die Weine aus Beaujolais, Burgund und Chablis zuständig; Carl Johann für Rhone, Provence und Bordeaux. Als erstes wurde beschossen, die Aktivitäten des Hauses wieder ganz auf den Weinhandel auszurichten. So wurde 1973 die Firma Tesdorpf & Deiters an die befreundete Firmengruppe Hermann G. Dethlefsen, Flensburg verkauft. Fortan widmete sich das Haus Carl Tesdorpf wieder vorwiegend dem seit Generationen mit Erfolg betriebenen Handel mit französischen Weinen. Die Aufgaben des Weinhauses bestehen seitdem in der Auswahl zuverlässiger Lieferanten und Qualitäten, in der Sortimentsgestaltung und in der Lagerung und Pflege, in der Zwischenfinanzierung und in der Belieferung der einzelnen Abnehmer. Traditionsgemäß werden die Abnehmer in der gehobenen Gastronomie, Hotellerie und des Facheinzelhandels beliefert. Gewähr für die weit überdurchschnittlichen Qualität der Tesdorpf Weine bietet die Zusammenarbeit mit erstklassigen Lieferanten, wobei hier an erster Stelle die Häuser Albert Bichot und Paul Bouchard in Beaune sowie Andreé Quancàrd in Bordeaux genannt seien.
 

Ein Hanseat mit ungewöhnlichen Wurzeln und Neuschöpfer des Lübecker Rotspons

Der letzte Spross der Familie, Carl Johann II, lernte den Weinhandel von der Pike auf. Er wuchs in der Schweizer Heimat seiner Mutter auf, wo er auch geboren wurde. Seine Eltern waren während des zweiten Weltkrieges zusammen mit Carl Johanns älteren vier Geschwistern aus Lübeck nach Wädenswill am Zürichsee gezogen. Während seine drei Schwestern alle ins Ausland zogen und der älterer Bruder Peter Hinrich die Getreidefirma der Mutter übernahm, entschloss sich Carl Johann nach dem Tod seines Vaters zur Rückkehr in die Stadt seiner Vorväter. Als er 1975 in den Lübecker Weinhandel einsteigt, ist er aufs Beste präpariert. Nach dem Abitur auf dem renommierten Schweizer Internat Lyceum Alpinum Zuoz hat Carl Johann Weinbau und Kellertechnik in Kalifornien und Bordeaux erlernt. Schon zu Schulzeiten verbrachte er auf Wunsch seines Vaters die zweimonatigen Frühjahrsferien stets im Bordolais. Die engen Kontakte zu den führenden Weingütern dort öffneten ihm alle Türen. In mancher Weinhandlung und vor allem auf etlichen Châteaus verbesserte er nicht nur sein Französisch, sondern half auch beim Rebenbinden, Rebschnitt, Etikettieren, bürstete Fässer und säuberte Gärbottiche, reinigte Filter und Schläuche und roch so, im wahrsten Wortsinn in das Weinmetier hinein. Mit 13 Jahren kam er so beispielsweise auf das Chateau Leoville Barton, mit 16 Jahren war er auf Chateau Figeac, mit 19 Jahren auf Chateau d`Ìssan. Die Familie Tesdorpf pflegte unter anderem auch sehr enge Beziehungen zum Chateau Margeaux und der Familie Cruz sowie Eric und Philippe de Rothschild. Bereits seit den frühen 1950er Jahren importierte man ferner die besten Spitzenweine von Chateau Haut Brondeau der Familie Jean Pierre Moueixs. Nach dem Abitur arbeitete Carl Johann Tesdorpf ein Jahr bei National Destillers in New York und deren Weingütern in Kalifornien. In Zürich folgte bei der heutigen Credit Suisse die Ausbildung zum Bankkaufmann. Neben Deutsch und Schwyzer-Deutsch spricht er fließend Französisch, Englisch und Italienisch. 1976 verbrachte er ein weiteres Jahr in der Schweiz, wo er auf der Obst- und Weinbauschule in Wädenswill eine Prüfung Weinbaufachmann absolvierte. In der Ära von Carl Johann Tesdorpf konzentriert sich das Handelshaus wieder stärker auf den Import von hochwertigen französischen Rotweinen. Wie seine Vorväter reiste auch Carl Johann Junior regelmäßig zu den Erzeugern aufs Land. Ein Großteil seiner Abnehmer findet Tesdorpf nunmehr vor allem in Deutschland. Die Reisetätigkeit zu seinen Kunden nimmt einen großen Raum ein. 1978 feiert der Prokurist Richard Ohlenschläg 300-jähriges Jubiläum–Jubiläumsflasche.
 
Lübecker Rotspon
Carl Johann Tesdorpf ist es zu verdanken, dass der Lübecker Rotspon heute ein durchaus gediegener Rotwein ist. Mit seiner Cuvée 1678, einer Mischung aus Merlot, Cinsault, Grenache uns Syrah, kreierte er einen Wein, der sich auf keiner Festtafel zu verstecken braucht. Bis Ende der 70er Jahre war der Rotspon lediglich eine althergebrachte, plattdeutsche Bezeichnung für den losen Fasswein aus Frankreich gewesen. Auf Tesdorpfs Initiative trafen sich dann 12 Lübecker Weinhändler am runden Tisch im Hause Tesdorpf, um daraus eine gesetzlich geschützte Marke mit entsprechendem Qualitätsanspruch zu machen. 1993 zieht sich Peter Hinrich Tesdorpf aus der Geschäftsleitung zurück. 1998 fand der Umzug in das Weinhaus Mengstraße 64  statt.

1999 Beteiligung des Hanseatischen Wein- und Sektkontors an der Firma Carl Tesdorpf
2001 beginnt die Zusammenarbeit mit Marchesi Antinori, dem ältesten und wohl renommiertesten Weinproduzenten Italiens. 2003 feierte Tesdorpf 325-jährigs Jubiläum. Der Jubiläumswein war 2000er 1678 Lalande de Pomerol AC aus dem Hause Moueix. Im Jahre 2005 richtete man in den Kellerräumen des Hauses Mengstraße 54 für seine besten Kunden einen Weintresor zur Einlagerung besonders wertvoller Weine ein. Nun beleben prominente Gäste die Nacht im Tesdorpf Haus.

12.4.2015 Außenministerkonferenz im Ratskeller endet im Tesdorpf Haus
Am späten Dienstagabend des 12 April 2015 erreichte zunächst ein Anruf den Hausherrn, kurze Zeit später ein Heer von Sicherheitsleuten die Weinhandlung in der Mengstraße. Dann fuhren nach und nach zahlreiche dunkele Limousinen vor und es trafen die Außenminister des G7 Treffens in Lübeck ein um spontan einen kleinen Schlummertrunk zu nehmen. Bis in die frühen Morgenstunden hielten einige von Ihnen durch. Carl Tesdorpf, der sich sofort bereit erklärt hatte, die illustren Gäste zu empfangen, hatte für jeden seiner Gäste einen Wein aus dessen Heimat kredenzt; dem englischen Außenminister Philip Hammond bot er einen französischen Tropfen an, von einem Weingut, das sich in britischem Besitz befand. An diesem Abend wurde nicht mehr über Politik geredet, vielmehr lauschten die Gäste dem Gastgeber, der über die Geschichte seiner Familie, des Hauses und natürlich über seinen Wein sprach. Erst in den frühen Morgenstunden verließen die letzten Gäste das Haus.

Am 27. Januar 2020 hat Carl Johann seinen 70. Geburtstag feiern. Zuvor, Ende des Jahres zieht sich Carl Johann nach über 40 Jahren, fast so lange wie sein berühmter Vorfahre und Firmengründer Peter Hinrich als Geschäftsführer und Markenbotschafter aus dem Tagesgeschäft zurück. Er hat sein traditionsreiches Unternehmen gut für die Zukunft aufgestellt. Die Carl Tesdorpf Gmbh von 1678 ist heute unter dem Dach des Hanseatischen Wein- und Sektkontors, des größten Weinmporthauses Deutschlands, untergekommen. Dort ist es im Fine Wine Segment absoluter Spitzenweine platziert. Auch zukünftig werden aus dem Hause Tesdorpf die besten Weine aus aller Welt ihre anspruchsvollen Abnehmer in Deutschland finden.





Der Lübecker Weinhandel in Vergangenheit und Gegenwart

In der 875-jährigen Geschichte Lübecks steht von Anfang an, der Warenhandel im Mittelpunkt. Und von Anfang an nahm der Weinhandel mit den nordischen Ländern einen gewichtigen Anteil daran ein. Lübecker Kaufleute handelten an vorderste Stelle vor allem französische Weine, und belieferten alle Länder im gesamten Ostseeraum. Die Weinhandlungen Carl Tesdorpf sowie H. von Melle sind heute in Lübeck die letzten großen Handelshäuser mit großer und langer Tradition.

 

Absatzgebiete für den Lübecker Weinhandel im Mittelalter

Als Absatzgebiete für den Lübecker Weinhandel im Mittelalter kamen die Länder der Nord- und Ostsee in Betracht. Was den Handel mit England anbetrifft, so lag seine Aufgabe darin, den Weinverkehr aus den Hauptweinmärkten Südfrankreichs, La Rochelle, Poitou, Bordeaux und Bayonne, nach England zu vermitteln. Es ist urkundlich belegt, dass Lübeck an dem französisch-englischen Zwischenhandel regen Anteil hatte. Auch am hansisch-niederländischen Weinhandel war Lübeck beteiligt. Brügge, Dordrecht und Amsterdam bildeten dabei die Haupthandelspunkte. Hier trafen sich die Weintransporte der Kölner Kaufleute, die für England oder die Ostseeländer bestimmt waren, mit den Weinschiffen aus Spanien und Frankreich. Die hier Station zu machen pflegten. Dass Lübeck an diesem Durchgangshandel beteiligt war geht zum Beispiel daraus hervor, dass die Stadt von dem Weinzoll in Brügge befreit war. Eine starke Rivalin erwuchs Lübeck in Danzig. Ein großer Teil des französischen Weines ging jedoch über Lübeck nach Danzig, um die gefährliche Fahrt um Skagen und durch den Sund zu vermeiden. Die Weinschiffe benutzten den Seeweg bis zur Elbe. Dann gingen sie elbaufwärts bis zum Stecknitzkanal, dann traveabwärts nach Lübeck. Von hier brachte sie der direkte Seeweg nach Danzig. Livland und Estland kamen ebenfalls als Absatzgebiete in Frage. Der direkte Weinverkehr zwischen Lübeck und Reval geht auf das Jahr 1454 zurück. Stark begehrt war der Wein allezeit in Livland, für dessen Einkauf Lübeck von jeher ein bevorzugter Platz war. Riga diente als wichtigster Ort in diesem Verkehr. An dem alten skandinavischen Weinhandel war Lübeck ebenfalls beteiligt. Besonders wichtig war der Verkehr mit der Halbinsel Schonen, und zwar besonders mit Falsterbo und mit Skanör. Lübeck hatte die größte Handelsniederlassung in Falsterbo, es erwarb hier auch die Schankgerechtigkeit für Wein. Auch am Weinhandel mit Bergen hatte Lübeck seinen Anteil, wo ihm allerdings in den Kölner Weinhändlern große Konkurrenz erwuchs.

 

Der private Lübecker Weingroßhandel

Im 12. und 13. Jahrhundert kamen Kölner Kaufleute nach Lübeck, um die Rheingauer Weine an den Rat, der das Monopol für den Detailhandel mit Rheinweinen in der Stadt hatte, und an den privaten Großhandel, abzusetzen. Schon im 14. Jahrhundert erwuchs der rheinischen Handelsmetropole eine Konkurrentin in Frankfurt am Main, die nach und nach den Handel an sich zog. Ihre Messen, die von Jahr zu Jahr wuchsen, wurden auch von den Lübecker Fabrikanten und Händlern zum Zwecke des Absatzes ihrer Artikel besucht. Als Rückfracht nahmen sie Wein mit, der allmählich einen wichtigen Teil der Ladung bildete. Die Weine wurden vielfach zu Lande von Frankfurt durch die Provinzen Hessen-Nassau und Westfalen über Weser und Elbe oder über Hanau, Fulda, Göttingen, Hildesheim, auch über Erfurt, Aschersleben, Uelzen und Lüneburg nach Lübeck gebracht. In Erfurt trafen sie oft mit den Weintransporten aus Nürnberg zusammen, um gemeinsam nach Norden zu gelangen; anderseits kreuzten sie sich hier mit den Fuhren französischer Weine, die von Lübeck auf ihren Weg in die süddeutschen Städte nahmen. Wenn auch auf dem Landweg ein großer Teil der Rheinweine befördert wurde, so spielte doch der Seeweg trotz mancher Behinderung durch Zollabgaben und Stapelrechte eine weitaus größere Rolle. Über den Umfang des Lübecker Weingroßhandels in früherer Zeit zahlenmäßig zu berichten, ist unmöglich, weil es keine Statistik gab. Welche Bedeutung er um die Mitte des 18. Jahrhundert hatte, ist daraus ersichtlich, dass er sich unter den im Jahre 1743 in Lübeck vorhandenen 175 Firmen 32 befanden, die Wein und andere Waren führten; 11 Firmen betrieben ausschließlich Handel mit Wein. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wächst der Export von Frankreich nach Lübeck in einem ungeahnten Ausmaß. Im Jahresdurchschnitt werden 1655-1671 rund 750 Oxhoft (1650 hl), von 1672-1688 etwa 4.250 Oxhoft (9350 hl) und wischen 1689 und 1693 5.560 Oxhoft (12.232 hl) ausgeführt. Französische Weine drängen vermutlich dabei andere Weine, wie etwa die spanischen und portugiesischen, in den Hintergrund. Importiert werden wohl hauptsächlich relativ preiswerte, weiße „Stadtweine“, die in nächster Umgebung von Bordeaux wachsen. Rotwein wird wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in größeren Mengen eingeführt. Ein Teil der französischen Weine ist in Lübeck verbraucht, der größte Teil jedoch weiter exportiert worden. Die bedeutendsten Weinhändler in dieser Zeit sind Diederich Bartels, Adolf und Nicolaus Brüning, Peter Hinrich Tesdorpf, Franz Lefewer und Johann Daniel Klett. Allein das Haus Tesdorpf wird trotz aller Schwankungen der Märkte wirtschaftlich bestehen und ist bis heute das bedeutendste Weinimportunternehmen in Lübeck. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts schädigten die Koalitionskriege den Lübecker Weinhandel vorrübergehend. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Weinhandel, besonders in den Jahren 1803-1806, einen ungeheuren Aufschwung erlebt. Im Zuge der napoleonischen Eroberungskriege ging der Handel verstärkt über das neutrale Lübeck. Das änderte sich mit der Eroberung Lübecks im Jahre 1806 und der Eingliederung in das französische Kaiserreich. Von 1808 bis 1811 meldeten acht große Lübecker Weinhandelsfirmen Konkurs an, 1809 Georg Friedrich Lorenz Pauli, Johann Christoph Mertens, Gebrüder Scheele und Blech, 1810 Johann Daniel Erhardt, Christian Albert Götze und Johann Friedrich Diercke. Matthäus Rodde, der vielleicht erfolgreichste Großkaufmann in dieser Zeit und ein enger Geschäftsfreund Peter Hinrich Tesdorpf, stellte 1811 seinen Geschäftsbetrieb ein.

Als am 5. Dezember 1813 die französische Besatzung abrückte, begann man aufzuatmen. Aber nur langsam stellte sich die Geschäftstätigkeit wieder ein. Erst nach den Befreiungskriegen begann man, den Wein wieder nach dem Ausland abzusetzen. Es galt die verlorenen gegangene Gebiete zurückzuerobern und neue Absatzgebiete zu schaffen. Zu den letzteren gehörten vor allem der Handel mit Finnland. Hier sollte vor allem der Weinhandlung Lorenz Harms & Söhne, gegründet 1774, eine bedeutende Rolle zukommen. In der Folgezeit kam es zu einer Reihe von Gründungen neuer Weinhandelshäusern: 1814 Wilhelm Ludwig Behncke, G.T. Pflüg, 1821 Daniel Schön, 1826 J.C. Engelhardt & Söhne, 1833 H.J. Schulz, 1838 Massmann & Nissen, 1842 Lange & Scharff., 1848 H.C: Koch, 1853 H.F. von Melle.

Ein wichtiges Ereignis, das die größten wirtschaftlichen Veränderungen mit sich brachte, war im Jahre 1868 der Anschluss Lübecks an den Deutschen Zollverein. Der Beitritt wurde erleichtert durch den damals noch bestehenden 20-prozentingen Zollrabatt, der den Weingroßhändlern bei der Einfuhr gewährt wurde. Dieser Rabatt setzte den Bezug junger, frischer, unfertiger Weine voraus und galt dem aus diesen Weinen während ihrer Behandlung und Pflege bis zur völligen Flaschenreife verloren gehenden Abgang, Satz, Auslaufen und Eingehen. Auf dieser Weise bleib es Lübeck möglich, sich mit Erfolg gegen seine Hauptkonkurrenten Hamburg und Bremen, die dem Zollverein noch nicht beigetreten waren, im norddeutschen Weinhandel zu behaupten.

Der Krieg 1870-1871 trug dazu bei, dass der Handel aufblühte, und zwar besonders für französische Weine. Nicht nur, dass viele Deutsche, Weine an Ort und Stelle schätzen lernten, das gesamte Wirtschaftsleben hob sich, die Bevölkerung stellte höhere Ansprüche. Die Lübecker Weinhändler richtete in vielen Orten Deutschlands Niederlassungen ein und schickten eine große Zahl festangestellter Reisender und Agenten aus. Doch bald trafen gewissen Gegenwirkungen ein. Aufgrund des Zolltarifs von 1879 hatte der Lübecker Weihandel nichts zu fürchten. Die französischen Händler waren durch die großen Vorräte gezwungen, den Zoll selbst zu tragen. Der Umschwung trat erst eine, als die Vorräte sich unter starker Mitwirkung der Phyloxera verminderten. Als in den Jahren 1879 bis 1886 in Bordeaux qualitativ wie quantitativ sehr ungünstige Weinernsten erzielt wurden, stiegen die Preise der Bordeauxweine ganz gewaltig. Die Folge war, dass auch in Norddeutschland die leichten eleganten Mosel, Saarweine und vor allem Dingen die Rheinweine wieder mehr und mehr bevorzugt wurden.

 

Herkunftsgebiet des Weins

Das wichtigste Herkunftsgebiet für Wein, der durch Lübecker Kaufleute oder in Lübeck verhandelt wurde, war im 19. bis ins 20. Jahrhundert hinein Frankreich. An erster Stelle stand die Weinausfuhr aus Bordeaux, der Hauptstadt von Frankreichs größtem Weinanbaugebiet. Bordeaux liegt an der Garonne, die nach dem Zufluss der Dordogne als Gironde ins Meer mündet. An der Gironde liegt das wohl bekannteste Weinanbaugebiet, das Médoc mit den bekannten Ortschaften St. Estèph, Pauillac, und St. Julien. Im Süden schließt sich der Distrikt Graves an. Am rechten Ufer der Dordogne folgen flußabwärts die Gebiete Côtes de Bourg, Côte de Blaye, Pomerol und St. Emilion, Entre-deux-Mers zwischen Gronne und Dordogne. Sauternes bildet die südliche Spitze des Distrikts Graves. Die berühmtesten Weine im Haute-Médoc sind die Chateau Lafite, Mouton-Rotschild, Latour und Margaux; im Graves ist es Chateau Haute -Brion, im St. Emilion das Chauteau Ausone, im Pomerol das Chateau Petrus, während die berühmtesten Weißwein aus dem Chateau d`Yquern im Sauternes kommen.

Mit einem Weinmakler, der üblicherweise den Kontakt zwischen Winzer und Käufer herstellte und sich in der Regel hervorragend auskannte, besuchten die Lübecker Weinhändler die erlesensten Weingüter im Bordelais, probierten vor Ort die jungen Weine und bestellten direkt beim Produzenten. Neben Bordeaux war Burgund das Ziel vieler Lübecker Weinhändler. Die malerischce Höhenkette bildete einen Gegensatz zu dem flachen, kiesigen oder felsigen Gelände des Bordelais. Von Süden nach Norden nimmt die Qualität der Gewächse zu. Von Lon bis Macon wächst der leichtere Burgunderwein, der Beaujolais. Von Chalon-sur-Saône bis Beaune erstreckt sich die Côte de Beaune mit hervorragenden kräftigen roten Burgunderweinen.  Lübecker Weinhändler handelten vornehmlich mit den Gewächsen Romanée, Clos de Vougeot, Vougeot, Vosn und Cote de Nuits sowie dem Chambertin aus Gevrey. Neben Bordeaux war Sète im 19. Jahrhundert der wichtigste Hafen für Weinexporte nach Lübeck. Sète liegt im heutigen Weinanbaugebiet Languedoc-Roussillon, das sich von der Rhonemündung bis Carcassone erstreckt. Bekannt wurde das Roussillion durch seine Muskatweine, die sogenannten „Vins doux naturels“, einem goldfarbenen Likörwein, der um Rivesaltes herum besonders gut gedeiht. Neben dem französischem Wein waren der bereits im Mittelalter geschätzte spanische Wein, vornehmlich die aus Muskateller und Pedro-Ximinez-Trauben gewonnenen süßen Dessertweine, aber auch die aus Malvasier und anderen Trauben gekelterten körperreichen Rotweine beliebtes Handelsgut Lübecker Kaufleute. Ferner unterhielten Lübecker Weinhandelshäuser rege Geschäftsbeziehungen zu portugiesischen Winzern in Porto. Die deutschen Weine, besonders von Mosel und Saar und die Rheinweine gewannen erst im ausgehenden 19. Jahrhundert wieder an Bedeutung.

 

Absatzgebiete der Lübecker Weinhändler

Nur ein kleiner Teil der nach Lübeck eingeführten Weine wurden auch dort verbraucht, das meiste war für den Export bestimmt. Neben den traditionellen Absatzgebieten in Deutschland und Skandinavien wurden im 19. Jahrhundert auch die Märkte in Finnland und Russland erschlossen. Lübeck gelang es, sich im Verlauf des 19. Jahrhundert ein Monopol in der deutschen Weinausfuhr in den Norden zu schaffen. Ähnlich wie bei Einkauf reisten die Lübecker Kaufleute auch beim Verkauf häufig auf langen Wegen persönlich zu ihren Kunden. Durch den Ausbau des Schienennetzes in der zweiten Hälfe des 19 Jahrhunderts wuchs der Absatz ins Binnenland, nach Holstein, Lauenburg, Mecklenburg, Pommern, Brandenburg Berlin und Sachsen.

 

Die Lübecker Weinhandlungen um die Jahrhundertwende

Der moderne Lübecker Weinhandel, der einen ansehnlichen Teil des Geschäftslebens der alten Hansestadt ausmacht, weist unter seinen Vertretern viele alte Firmen auf, die sich gestützt auf das Vertrauen einer stets gut bedienten Kundschaft und auf strenge Solidität durch Jahrhunderte erhalten haben. Es haben sich im Laufe der Zeit ganze Weinhändlergenerationen entwickelt, da die Firmen vielfach vom Vater auf den Sohn übergingen. So wurde z.B. im Jahre 1678 die Firma De la Fontaine, Voss und Tesdorpf gegründet. Sie ist mehrfach geändert worden. Seit 1859 heißt die Firma Carl Tesdorpf, die um die Jahrhundertwende schon wieder zwei Generationen hindurch bestand, sodass das Haus auf sechs Generationen zurückblicken konnte. In 19. Jahrhundert erfolgte eine Reihe von Neugründungen von Weinimportfirmen. Eine große Rolle besonders für den Export nach Finnland, haben in der Folge die Firmen H.L. Behncke, gegr. 1814, Ludwig Bruhns sowie Lorenz Harms und Söhne, gegr. 1774 gespielt. Ihren Hauptumsatz in Deutschland machten die Unternehmen: J.C. Becker (1863), J.C. Engelhard & Söhne (1826), Massmann & Nissen (1838), G.T. Pflüg (1840) und H.J- Schultz (1833), Daniel Schön (1821), Lange und Scharff. (1842) und H.F. von Melle (1853). Nach den Ergebnissen der Berufs- und Betriebsstatistik vom 12. Juli 1907 gab es in Lübeck 50 Hauptbetriebe mit zusammen 377 gewerbetreibenden Personen, die Handel mit Wein und Spirituosen betrieben. Dazu kamen 33 Nebenbetriebe, die jedoch für den Gesamthandel nur von geringer Bedeutung. Es wurde im Weingroßhandel mit verhältnismäßig wenigen Personen gearbeitet. Trotzdem nimmt der Handel mit Wein unter den 48 aufgeführten Zweigen des Warenhandels im Jahre 1907 den 4. Platz nach der Zahl der darin beschäftigten Personen ein. Vor dem Weinhandel rangieren der Handel mit Kolonial-, Ess- und Trinkwaren, Bau und Nutzholz sowie der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten.

 

Strukturwandel im Lübecker Weinhandel der Nachkriegszeit

Nach dem zweiten Weltkrieg hatten die großen Weinhandelsfirmen wie J.C. Becker, I.C. Engelhardt & Söhne, Lorenz Harms & Söhne, H.C. Koch und Carl Tesdorpf rund drei Viertel ihres alten Kundenstammes in den abgetrennten Ostgebieten verloren. Zu diesen Firmen kamen heimatvertriebene Firmenwie Albert Blank, Dramburg & Hertwig, Carl Hertzberg, Hillebrand Erben, Friedrich Plato, Gebrüder Wossidlo und andere Firmen, die sich nun ebenfalls um eine Niederlassungsmöglichkeit bemühten und gar keinen festen Kundenstamm mehr hatten. Die Lübecker Weinhandelsfirmen spezialisierten sich auf den Im- und Export hochwertiger ausländischer Weine und gewannen rasch eine Voranstellung in Deutschland. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre ging die Zahl der Lübecker Weinhandlungen rapide zurück. Sie waren in zunehmendem Maße nicht mehr wettbewerbsfähig und verloren ihre Kunden an die große Lebensmitteleinkaufsgenossenschaften. Selbst die großen und traditionsreichen Weinhandlungen von Lorenz Harms & Söhne und H.C. Koch stellten ihren Betrieb ein. Die verbliebenden Firmen wandten sich mit einem gehobenen Angebot feiner Weine an die Gastronomie und an weinkundige Endverbraucher. Mit dieser Konzeption waren bereits in den 50er und 60er Jahren als erste die Weinfachgeschäfte Lehmitz, später Nordisches Weinhaus und L. Roeper erstmals erfolgreich an den Endverbraucher herangetreten. Das traditionsreiche Weinhandelshaus H.F. von Melle schloss sich dem Konzept an. Die altehrwürdige Firma Carl Tesdorpf ist heute die letzte Weingroßhandlung, die noch immer wie von alters her in hohem Maße große Mengen Wein direkt vom Erzeuger einkauft. Lübeck pflegte in all den Jahren seinen traditionellen Ruf, die Stadt der Rotweine zu sein. – »Lübeck und seine Rotweine« wurde zum Werbezeichen. In den 60er Jahren entwickelte man den volkstümlichen Begriff »Rotspon« zu einem Markenzeichen. Heute ist Lübecker Rotspon eine lübeckische Spezialität, die in den Berichten über die Hansestad Lübeck in einem Atemzug mit Marzipan genannt wird. Der Lübecker Rotspon wird heute von dem seit 1946 in Lübeck ansässigen Familienbetrieb Blücher-Scheering in dessen modernen Abfüllanlage abgefüllt.

 

Die Lübecker Weinhandlungen

Die Lübecker Weinhandlungen genossen stets einen hervorragenden Ruf bei ihren Kunden im gesamten Ostseeraum und im Deutschen Reich. In vielen Städten hatten sie Niederlassungen, Agenten und Vertreter. Im Weinhandel waren zahlreiche Menschen beschäftigt. Arbeiter, Küfer, kaufmännisches Personal, zu Teil auch Tischler, Böttcher fanden dort ihre Arbeit. Aus der ersten Gewerbeaufnahme wissen wir, dass es im Lübeck des Jahres 1875 rund 35 Weinhandlungen gab, in denen bis zu 50 Personen beschäftigt waren. Im Durchschnitt arbeiteten um 1900 etwa 7 Personen in einer Weinhandlung. Im Jahre 1907 waren 50 Hauptbetriebe in Lübeck ansässig, von diesen importierten rund 20 ihre Weine aus den Ursprungsländern. Es war eine Zeit, in der der Lübecker Weinhandel in höchster Blüte stand. Die größeren Weinhandlungen wurden modernisiert und mit den neuesten Geräten und Einrichtungsgegenständen ausgestattet. Schon 1875 hatte es in zwei Lübecker Weinhandlungen, eine Seltenheit für die damaligen Firmen, gasbetriebene Maschinen gegeben. Nunmehr verfügte man über elektrische Aufzüge, um die übereinanderliegenden Lagerräume zu überwinden. Man hatte Spezialmaschinen wie Weinfilter, Flaschenfüllfilter, Flaschenspülmaschinen, Kork- und Kapselmaschinen. Zunehmend wurden auch Pumpen verwendet, die schneller und sauberer arbeiteten und verhinderten, daß der Wein sich beim Umstechen von einem Fass aufs andere; wie vorher bei der Handumfüllung möglich, auf dem Boden vergoss.

 

Einrichtung und Geschäftsbetrieb einer Lübecker Weinhandlung

Die großen Lübecker Weinhandlungen verfügen über bedeutende Lagerräume, die man größtenteils als Sehenswürdigkeiten der Stadt ansprechen kann. Viele Firmen nennen Häuser ihr Eigen, die bereits Jahrhunderte alt sind und die sowohl geschichtlich als auch künstlerisch Aufmerksamkeit verdienen. Während die Weine aus Süddeutschland ausschließlich im Keller unter der Erde lagern, nutzte man in Lübeck sowohl Keller als auch Lagerspeicher, die oft durch vier bis fünf Stockwerke die Fass- und Flaschenweine aufnehmen. Das liegt daran, dass das norddeutsche Weingeschäft als Hauptartikel Bordeauxweine führt, die in gut temperierten Räumen gelagert werden müssen. Die Temperatur wird in den großen Häusern durch Zentralheizungen gleichmäßig reguliert. Das Fasslager soll etwa + 8 Grad Celsius haben, während sich die Weine des Flaschenlagers am besten bei +10 Grad Celsius entwickeln.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Lübecker Weinhandels

Jahrhunderte hindurch waren es die deutschen Weine, die im Lübecker Weinhandel die Hauptrolle spielten. Der Handel mit ausländischen einen nahm nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Geschäftes ein. Im 18. Jahrhundert trat jedoch ein Umschwung ein. Man führte französische Weine in steigendem Maße ein. Vor allem Bordeauxweine fanden in Norddeutschland schnell einen bedeutenden Absatzmarkt. Es ist die sachgemäße Kultur der französischen Weine, die den in Lübeck gepflegten Rotwein so berühmt gemacht hat. Damit soll nicht gesagt werden, dass sich nur Lübeck auf die Pflege der Rotweine versteht, stehen doch die Seestädte Bremen und Hamburg und Stettin mit den Hanseschwestern in scharfen Wettbewerb. Zugegeben werden muss aber, das Lübeck an hervorragender Stelle im norddeutschen Rotweingeschäft steht.