Chardonnay

Alles begann im Burgund

Dort wo der Chardonnay bis heute die größten Weine hervorbringt, ist er mit ziemlicher Sicherheit auch entstanden: im Burgund. Als Chardonnet wurde er erstmals Mitte des 17. Jahrhunderts dort so genannt. Er wurde aber mit ziemlicher Sicherheit schon viel früher als Beaunois im Burgund und in der benachbarten Champagne angebaut. Weil allerdings die ebenfalls aus dem Burgund stammende Aligoté ebenfalls Beaunois genannt wurde, ist es schwierig mit der Verifikation. Tatsächlich haben Chardonnay und Aligoté noch mehr gemeinsam. Sie sind  – so wie der Gamay, der Auxerrois oder auch der Romorantin – Kinder von Pinot Noir und Gouais Blanc (Weißer Heunisch). Und wie bei anderen Lebewesen entwickeln sich auch bei den Reben die Kinder unterschiedlich. Und apropos Auxerrois …, in manchen Gegenden wie etwa an der französischen Mosel wird der Chardonnay heute noch Auxerrois genannt, während ein paar Kilometer weiter an der deutschen Obermosel der eigentliche Auxerrois in den Weinbergen steht. In der Steiermark heißt der Chardonnay auch heute noch oft Morillon, im Jura manchmal Melon d’Arbois und im Elsass Clevener, während man im nicht weit entfernten Württemberg den Frühburgunder als Clevner bezeichnet. Es kann also ganz schön verwirrend sein.

Der Chardonnay und die Mönche

Der Chardonnay hatte gewissermaßen das Glück, dass seine Kinderstube, das Burgund, eng mit der Entstehung der Klöster im Mittelalter verbunden war. Zisterziensermönche haben sich um den Weinbau gekümmert und eine frühe Form des Qualitätsweinbaus geschaffen. Dabei haben sie im Burgund den Pinot als die beste rote Rebsorte klassifiziert und den Chardonnay als die beste weiße Sorte. Sie wurde entsprechend in den besten Lagen angebaut. Diese befinden sich bis heute vor allem an der Côte Beaune, aber auch an der Côte Chalonnaise, im Mâconnais und im Chablis. Darüber hinaus war der Chardonnay auch früh in der benachbarten Champagne vertreten, und zwar lange bevor dort Schaumwein erzeugt wurde. Zudem gehörte er zu den wichtigsten Rebsorten im Jura, wo bis ins 19. Jahrhundert hinein etwa zehnmal so viele Reben standen wie heute. Die Mönche haben die Sorte auch in andere Regionen und Länder mitgenommen, in denen sie neue Klöster gründeten. Im Gegensatz zum Pinot Noir hat sich der Chardonnay aber lange Zeit nicht so stark verbreitet.

Der Chardonnay ist grundsätzlich unkompliziert

Was ihn heute so erfolgreich macht, ist zum einen sein extrem guter Ruf, hochwertigste Weine erzeugen zu können, zum anderen aber sicher auch seine Genügsamkeit. Der Chardonnay toleriert unterschiedlichste Böden und Klimata. Allerdings werden die Weine auch schnell breit, belanglos und alkoholreich, wenn die Böden zu fett und das Klima zu warm ist. Ideal sind kühles Klima und Lagen mit Kreide und Kalk im Untergrund sowie Lehm und Ton im Oberboden. Allerdings besteht in kühlen Gebieten oft die Gefahr von Spätfrösten, die dem früh austreibenden Chardonnay dann den Garaus machen. So sieht man im Burgund und dort vor allem im Chablis, aber auch in der Champagne oft im April oder Mai Feuer in den Weinbergen brennen.

Cool Climate gibt es auch anderswo

Dass der Chardonnay nicht nur ein Interpret des Terroirs ist, sondern auch auf verschiedene Ausbauarten sehr direkt reagiert, haben kalifornische Betriebe in den 1970er Jahren bemerkt und die Art des Ausbaus in kleinen und mittelgroßen Fässern, wie er im Burgund betrieben wird, adaptiert. Besonders gefiel das Aufrühren der Hefe (Batonnage), das die Weine cremiger und dichter macht. So wurde Kalifornien vor allem in den 1980er Jahren für sehr reife, fleischige, runde und cremige Weine bekannt. Nach und nach hat sich die Rebsorte dann weiter über den Globus verteilt. Den eigentlichen Schub hat der Chardonnay in den letzten zehn bis 15 Jahren erhalten, in denen sich die Stilistik weltweit zu einer kühleren Variante hin entwickelt hat. Sie ging einher mit einem betont reduktiven Ausbau, der an Knallplättchen oder Schießpulver erinnert. Hotspots sind neben dem Burgund und den US-Küstenbereichen der Sonoma Coast heute Neuseeland, Südafrika, Chile und Argentinien. Zu den Cool-Climate-Gebieten gehören allerdings auch viele Weinberge in Deutschland und Österreich. In Deutschland darf die Sorte erst seit 1991 offiziell kultiviert werden. Mancher Winzer hat sie aber schon ab den 1950ern zusammen mit dem verwandten Pinot Blanc (Weißburgunder) in die Rebgärten gepflanzt. In den letzten zehn Jahren hat die Rebsorte in Deutschland einen großen Aufschwung erfahren, und die Rebflächen mit Chardonnay in Rheinhessen haben sich beispielsweise fast verdreifacht.

Perfekter Schäumer

Neben dem Ausbau als trockener, oft holzbetonter Wein ist der Chardonnay die ideale  Rebsorte für Schaumwein. Ob als Champagner, Crémant, Sekt, Franciacorta oder English Sparkling, um nur einige Möglichkeiten zu nennen, verbinden sich Frische, Säure und Finesse auf einzigartige Weise. Gerade wenn Kalk und Kreide die Grundlage bilden, baut der Chardonnay gerne viel Druck und Energie am Gaumen auf. Wenn er  gereift ist, bildet er typische Schaumwein-Hefe-Noten wie etwa Brioche aus. Beim Schaumwein darf der sonst meist trocken ausgebaute Chardonnay auch mal ein wenig Süße erhalten. Als Blanc de Blancs Brut liegt die Dosage zwischen 6 und 12 Gramm pro Liter, als Extra Brut sind es 3 bis 6 Gramm.