Wein aus Sizilien

Sizilien, die größte Insel im Mittelmeer und die größte autonome Region Italiens, ist einzigartig im italienischen Weinbau. Mit einer Fläche von 25.426 km² und 119.250 Hektar Rebfläche ist Sizilien das größte Anbaugebiet für Wein in Italien und ein Paradies für Weinliebhaber. Lange Zeit war die Insel vor allem für ihren Marsala bekannt – einen aufgespriteten Süßwein, der einst so renommiert war wie Portwein, Sherry oder Madeira. An seine Stelle ist heute eine große Vielfalt an Stilen und Weinen getreten.

Die Geschichte des sizilianischen Weinbaus

Der Weinbau auf Sizilien hat eine lange und bewegte Geschichte. Bereits im 8. Jahrhundert v. Chr. siedelten sich griechische Stämme auf der Insel an und brachten ihre Weinbau-Techniken sowie verschiedene Rebsorten mit. Syrakus und Taormina entwickelten sich zu bedeutenden Handelszentren, und archäologische Funde belegen den Weinanbau in Agrigent bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. Mit der Eroberung durch die Römer im 2. Jahrhundert v. Chr. begann eine neue Ära. Sizilien wurde zu einer wichtigen Weinregion des Römischen Reiches, und zwei sizilianische Weine wurden von Plinius dem Älteren als besonders gut beschrieben.

Nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches wechselten die Herrscher der Insel mehrfach: Vandalen, Ostgoten, Byzantiner, Normannen und später die Herrscher von Aragon, Spanien, Österreich und Frankreich hinterließen nicht nur kulturelle, sondern auch weinbauliche Spuren. So brachten einige dieser Invasoren neue Rebsorten mit, die sich teilweise bis heute auf der Insel erhalten haben. Die bedeutendste Entwicklung im sizilianischen Weinbau fand jedoch im 18. Jahrhundert statt, als englische Kaufleute begannen, den aufgespriteten Süßwein Marsala von der Hafenstadt Marsala aus zu exportieren. Marsala wurde zum Synonym für sizilianischen Wein, und viele andere lokale Weine gerieten in Vergessenheit.

Der Wandel in den 1980er Jahren: Ein neuer Anfang

Der Niedergang des Marsala im 20. Jahrhundert markierte einen Tiefpunkt für den sizilianischen Weinbau. Doch ab den 1980er Jahren begann eine bemerkenswerte Wiedergeburt. Vorreiter wie die Familie Tasca d’Almerita und Visionäre wie Diego Planeta erkannten das Potenzial der Insel und setzten auf Qualität statt Quantität. Planeta, der als Leiter der Cantine Settesoli in Menfi tätig war, führte die Winzer zu einem neuen Bewusstsein für hochwertige Weine und kombinierte heimische Rebsorten mit internationalen Klassikern wie Syrah, Merlot und Chardonnay. Dieser „Syrah-Moment“ war ein Wendepunkt für Sizilien: Der Syrah wurde zum Aushängeschild der Insel, und bald folgten weitere, einheimische Sorten wie der Nero d’Avola und Grillo, die das Ansehen sizilianischer Weine auf dem internationalen Markt stärkten.

Die Top 5 der wichtigsten Appellationen Siziliens:

• Marsala DOC - für komplexe Süßweine
• Cerasuolo di Vittoria DOCG - für eine einzigartige Cuvée aus Nero d’Avola und Frappato
• Noto DOC – eines der besten Terroirs für Nero d‘Avola
• Etna DOC – für die weißen und roten Weine vom Ätna
• Pantelleria DOC – für komplexe Süßweine aus der Sorte Zibibo

Geografie, Klima und Bodentypen: Eine einzigartige Terroir-Vielfalt

Die Vielfalt Siziliens zeigt sich nicht nur in seiner Geschichte, sondern auch in seiner Geografie und seinem Klima. Die Insel ist geprägt von einer außergewöhnlichen Bandbreite an Mikroklimazonen, die von den schneebedeckten Gipfeln des Ätna im Norden bis zu den subtropischen Gefilden im Süden reicht. Die Böden Siziliens sind ebenso vielfältig: Von Sand- über Lehmböden bis hin zu Kalkgestein und vulkanischen Böden finden sich hier ideale Bedingungen für den Anbau verschiedenster Rebsorten. Diese einzigartigen Terroirs erlauben den Winzern, eine breite Palette an Weinen zu produzieren, die sowohl inm Geschmack als auch in der Qualität überzeugen.

Am Ätna beispielsweise wird Weinbau bis auf eine Höhe von 1.100 Metern betrieben, oft in mühevoller Handarbeit auf terrassierten Weinbergen. Diese Region war bis ins späte 19. Jahrhundert berühmt für ihre Weine, doch die Reblauskatastrophe und der Preisverfall im 20. Jahrhundert führten zu einem Rückgang. In den letzten 15 Jahren hat man jedoch das Potenzial des Ätnas wiederentdeckt, und Weine wie der Etna Rosso, hergestellt aus den Rebsorten Nerello Mascalese und Nerello Cappuccio, haben international Anerkennung gefunden. Diese Weine werden oft mit Nebbiolo und Pinot Noir verglichen und bieten ein unvergleichliches Geschmackserlebnis.

Rebsortenvielfalt: Alte Schätze und neue Entdeckungen

Sizilien beheimatet eine Vielzahl von Rebsorten, die in den verschiedenen Weinregionen der Insel angebaut werden. Die am weitesten verbreitete weiße Rebsorte ist der Catarratto Bianco, gefolgt von Grillo, einer Sorte, die fast ausgestorben wäre, bevor sie in den letzten Jahren eine Renaissance erlebte. Der Grillo überzeugt durch seine Frische und Lebendigkeit und hat sich als eine der führenden weißen Sorten der Insel etabliert. Weitere bedeutende weiße Rebsorten sind Ansonica (auch Inzolia genannt) und Zibibbo (eine Variante des Muscat d’Alexandrie), die auf der Insel Pantelleria hervorragende Süßweine wie den Moscato di Pantelleria und den Passito di Pantelleria hervorbringen.

Auf der roten Seite dominieren Sorten wie Nero d’Avola, der „Schwarze aus Avola“, der mit seinen pflaumigen Aromen und weichen Tanninen die Hitze des Südostens der Insel perfekt einfängt und zu einem der bekanntesten Weine Siziliens geworden ist. Zusammen mit der duftigen Sorte Frappato entsteht daraus die Cuvée Cerasuolo di Vittoria, der einzige DOCG-Wein der Insel. Der Nerello Mascalese, eine weitere rote Sorte, die hauptsächlich am Ätna angebaut wird, wird für dort mittlerweile wieder sehr für seine Komplexität geschätzt.

Sizilien im Aufschwung

Heute ist Sizilien eine dynamische Weinregion, die sowohl traditionelle als auch moderne Techniken nutzt, um Weine von höchster Qualität zu produzieren. Mit einer jährlichen Produktion von rund 5,9 Millionen Hektolitern Wein und einem wachsenden Anteil an biologisch bewirtschafteten Weinbergen und international hervorragend bewerteten Crus setzt Sizilien Maßstäbe und hat bestätigt seine historische Bedeutung im italienischen Weinbau.