Chenin Blanc: Die große Sorte der Loire
Der Chenin Blanc hat seine Ursprünge an den Ufern der Loire. Dort wurde er im Jahr 1496 erstmals als Plant d’Anjou erwähnt, als ein Thomas Bohier Weinberge vom berühmten Château de Chenonceaux erwarb, die mit Chenin Blanc bestockt waren. Ebenfalls erwähnt wird er von Frankreichs Nationaldichter François Rabelais, dem wir aus seinem ab 1532 erschienenen Romanzyklus Gargantua et Pantagruel viel Wissen über den Weinbau an der Loire verdanken. Den heutigen Namen hat die Sorte vom Kloster Mont-Chenin in Cormery erhalten, dessen Mönche den Chenin Blanc in der Touraine verbreitet haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass er noch viel älter ist, was schon aufgrund der weit mehr als 100 Synonyme anzunehmen ist. Die häufigsten davon sind Pineau d’Anjou, Pinot de la Loire und Steen, wie die Sorte in ihrer zweiten Heimat Südafrika auch genannt wird. Man weiß heute, dass der Chenin Blanc vom Savagnin abstammt, also vom Traminer, einer der Leitrebsorten im Rebsortenspiegel Stammeuropas. Die zweite Elternrebsorte scheint heute nicht mehr zu existieren. Man weiß jedoch, dass der Savagnin wie auch die zweite unbekannte Sorte ebenfalls die Elternrebsorten des Sauvignon Blanc sind und ebenso des roten Trousseau Noir, der im Jura beheimatet ist. Insofern ist es wahrscheinlich, dass die drei Sorten irgendwo zwischen Loire und Jura entstanden sind.
Weltberühmte Süßweine
Berühmt geworden ist der Chenin Blanc zunächst als Süßwein. Süßer Wein war noch bis ins 19. Jahrhundert viel üblicher als heute, wo Dessertwein weitgehend aus der Mode gekommen ist. Da der Chenin Blanc zur Botrytisbildung neigt, ist er für Dessertwein ebenso geeignet wie der Sauvignon Blanc und der Sémillon an der Loire oder der Riesling an der Mosel. Entscheidend sind Flussnähe und Nebelbildung, die für Botrytis sorgen. Gleich mehrere Süßweinappellationen liefern seit mehreren hundert Jahren diesen Traumstoff. Es sind Bonnezeaux, Coteaux de l'Aubance, Coteaux du Layon und Quarts de Chaume im Anjou und Montlouis und Vouvray in der Touraine.
Fünf Synonyme für Chenin Blanc
- Steen (Südafrika)
- White Pinot (USA)
- Agudelo (Spanien)
- Plant d’Anjou (Frankreich)
- Pineau d’Anjou (Frankreich)
Heute dominieren trockene Weine
Auch wenn bis heute große Süßweine entstehen, so ist es doch der trockene Chenin Blanc, der weltweit Beachtung findet. Die bekanntesten Appellationen für trockenen Chenin Blanc sind heute Saumur, Vouvray und Savennières. In der Appellation Saumur liegt auch das Schloss Brézé, dessen Name für einen der bekanntesten Weinberge der Region steht. In Saumur entstehen zudem auch Crémants und Pétillants. In Vouvray werden alle Weinstile erzeugt, vom Schaumwein in Form von Pétillant Naturel über Sec, Demi-Sec, Moelleux bis hin zur Trockenbeerenauslese. Auch wenn die Rebfläche der Sorte in Frankreich deutlich abgenommen hat, und zwar von rund 17.000 Hektar in den 1950ern auf ca. 9.000 Hektar heute, so ist der Chenin Blanc nach wie vor doch ausgesprochen begehrt.
Zweite Heimat Südafrika
Nicht Frankreich, sondern Südafrika ist heute das Land, in dem am meisten Chenin Blanc angebaut wird. Mit rund 17.500 Hektar ist es fast die doppelte Menge. Möglicherweise hat Jan van Riebeeck, der Begründer des Weinbaus am Kap, die Sorte bereits 1655 in der Kap-Region angebaut. Vielleicht aber waren es erst die aus Europa geflohenen Hugenotten, die ab 1685 Chenin-Blanc-Reben nach Südafrika brachten. Anders als in Frankreich wurde der Chenin dort lange Steen genannt, nur als Massenrebsorte angebaut und vor allem für die Erzeugung von Destillaten genutzt. Das hat sich in den letzten 15 Jahren deutlich geändert. Viele jüngere Winzer haben die Sorte für sich entdeckt und sind auf der Suche nach alten Weinbergen mit unbewässerten Buschreben, aus denen sie exzellente Weine erzeugen. Ihnen kommt dabei zugute, dass die Sorte sich gut adaptiert hat und daher mit Trockenheit und Hitze umgehen kann. Weitere Länder mit größeren Anpflanzungen sind Argentinien und die USA mit jeweils etwa 2.000 Hektar.
Typischer Charakter des Chenin Blanc
Der Chenin Blanc weist vor allem an der Loire eine ganze Reihe typischer Aromen auf. Dazu gehören Noten von reifen Birnen und Quitten, gelben Äpfeln, Reineclauden und Wollwachs. Wird der Chenin süß ausgebaut, kommen Noten von kandiertem Ingwer, Quittenbrot, Honig, Marzipan und Pfirsichen hinzu. Die einzelnen Regionen wie Anjou mit Schiefer und Puddingstein, Saumur mit aktivem Kalk und Vouvray mit Tuffeau unterscheiden sich vor allem in den verschiedenen Säurestrukturen. Da die Sorte über recht viel Säure verfügt, kann man sie in ihrer Variabilität durchaus mit dem deutschen Riesling vergleichen.