Barossa Valley
Ein Weinbaugebiet (auch) mit deutschen Wurzeln
Barossa blickt auf eine – für australische Verhältnisse – lange europäische Siedlungsgeschichte zurück. Aussiedler aus Schlesien, Preußen und Mecklenburg gehörten zu den ersten Siedlern des Gebiets rund 70 Kilometer nordöstlich von Adelaide, der Hauptstadt des Bundeslandes South Australia. Sie waren auch wesentlich an den ersten Weingutsgründungen in den 1840er Jahren beteiligt. Heute bedeutende Großproduzenten wie Orlando oder Seppeltsfield gehen auf die deutschen Aussiedler Johann Gramp beziehungsweise Joseph Seppelt zurück. Und ein Spitzenweingut wie Henschke trägt stolz den Namen seines deutschstämmigen Gründers mit dem Vornamen Johann. Der deutschsprachige Einfluss war hier so stark, dass sich sogar ein eigener Dialekt entwickelte, der Deutsches munter mit englischen Vokabeln mixt: das Barossadeutsch.
Doch zurück zum Wein: Heute wachsen Trauben auf über 13.100 Hektar Anbaufläche (alle folgenden Zahlen Stand 2022/23). Angebaut werden sie von rund 150 Weinbau-Betrieben, vinifiziert von 80 Kellereien. Die Zone Barossa teilt sich auf in insgesamt drei Untergebiete. Das weitaus größte davon ist mit rund 11.000 Hektar das Barossa Valley. Östlich davon schmiegt sich das Eden Valley an, hier sind rund 2.100 Hektar mit Reben bestockt. Eine Besonderheit dort ist die Subregion „High Eden“. Höher gelegene Weinberge mit dementsprechend kühlerem Klima sorgen dafür, dass die Trauben hier im Vergleich zum der Eden-Valley-Region bis zu einem Monat später gelesen werden.
Unterschiedliches Klima, variantenreiche Böden
Auch zwischen den zwei Haupt-Anbaugebieten unterscheidet sich das Klima noch einmal deutlich. Die sanft geschwungenen Hügel des Barossa Valley sind als „warm climate“ Region klassifiziert, Temperaturen und auch die Trockenheit sind vergleichbar mit Südspanien. Der kleinere Nachbar im Osten, Eden Valley gilt bedingt durch seine oftmals höheren Lagen als erstklassige „cool climate“ Region. Um immerhin 0,8 Grad Celsius differiert die Jahresdurchschnittstemperatur zwischen den beiden Gebieten.
Die Böden beider Valleys sind zwar variantenreich – dies aber größtenteils innerhalb einer gemeinsamen Familie: Es finden sich vorwiegend grau, braun oder rötlich gefärbte, teilweise sandige, vor allem aber karge Ton- und Lehmböden. Deren pH-Wert wird an vielen Orten, typisch für Südost-Australien, mit zunehmender Tiefe stetig saurer und begrenzt somit das Wachstum der Rebenwurzeln in die Tiefe. Bei aller Familien-Ähnlichkeit der Barossa-Böden werden dennoch drei grundsätzliche Typen unterschieden. Die „Northern Grounds“ sind die höchstgelegenen auf 280 bis 450 Metern. Die „Central Grounds“ liegen auf Höhen zwischen 180 und 280 Metern, die „Southern Grounds“ schließlich zwischen 112 – 280 Metern.
Shiraz, Cabernet und … Riesling!
Berühmt geworden ist das Barossa Valley vor allem durch seinen Shiraz. Mehr als ein Viertel der gesamten Produktion des Kontinents werden im für australische Verhältnisse eher kleinen Gebiet produziert. Auch sonst dominieren hier sonnenhungrige rote Sorten: rund 90 % der Flächen sind damit bestockt. Zum Vergleich: Deren Quote betrug im Jahr 2022/23 in ganz Australien 64 %.
Ganz anders das Eden Valley, wo das kühlere Klima Weißweinen Spannung und Frische verleiht. Zwar sind auch hier die roten Sorten mit 53 % in der Mehrheit und der Shiraz – der in Eden Valley meist eleganter ausfällt als beim Nachbarn in Nordosten – auf Platz Nummer eins der Anbaustatistik. Aber auf zwei und drei folgen dann weiße Sorten. Der Riesling auf Platz zwei ist zudem ein weiteres Zeichen für den gewichtigen Anteil, den deutschstämmige Auswanderer beim Aufbau der Region hatten.
Die 5 wichtigsten Rebsorten in Barossa und Eden Valley
Barossa Valley:
Shiraz, meist Syrah genannt (68%)
Cabernet Sauvignon (14%)
Grenache (6%)
Merlot (2%)
Mataro, meist Mourvèdre oder Monastrell genannt (2%)
Eden Valley:
Shiraz (34%)
Riesling (26%)
Chardonnay (12%)
Cabernet Sauvignon (9%)
Viognier (3%)
Lange Geschichte – alte Reben
Der „neue Welt“ Weinproduzent Australien und das Thema alte Reben – das scheint wie ein Widerspruch. Und doch sind alte, zum Teil sogar uralte Rebstöcke eine der großen weinbaulichen Qualitäten der Region. Es mag im ersten Moment verblüffen, aber im Barossa stehen einige der weltweit ältesten durchgängig Erträge produzierenden Reben. Die ältesten davon datieren bis auf das Jahr 1840, also den Beginn der Besiedelung der Region zurück.
Einer der Gründe dafür: die Reblaus, die nach der Einschleppung aus den USA in Europa verheerende Schäden angerichtet und somit flächendeckend Neuanpflanzungen erzwungen hatte, hat Südaustralien nie erreicht. Und in den 1970er Jahren waren es weinbauliche Visionäre wie Peter Lehmann, der schon damals den Wert der alten Anlagen erkannte und intensiv unter seinen Kollegen dafür warb, auf die dem Geist der Zeit folgenden Neubestockungs-Programmen zu verzichten.
Alte Rebanlagen sind immer noch so verbreitet, dass im Jahr 2009 eine eigenes Klassifikationssystem dafür Reben eingeführt wurde. Reben, die 35 Jahre und älter sind, dürfen sich danach „Old Vines“ nennen, ab 70 ziert sie der Titel „Survivor Vines“ (weil sie die erwähnten Neuanpflanzung-Programme „überlebt“ haben), ab 100 Jahren „Centenarian Vines“ und ab 120 „Ancestor Vines“.
Alte Reben – neue Methoden
Lange Zeit orientierte sich die Vinifikation der Barossa Valley-Weine an der ihrer durch das Klima induzierten Schwere. Dichte und Konzentration waren die Maxime der Kellermeister, es entstanden zuweilen fast monströs extrahierte Essenzen.
Aber in den letzten Jahren ist ein deutlicher Wandel der Weinbauphilosophie zu beobachten. Eine neue Generation – die sich selbstironisch „Young Guns“ nennt – gewinnt zunehmend an Bedeutung – und mit ihr Themen wie Nachhaltigkeit oder Bio-Dynamie. Frühere Erntezeitpunkte zugunsten von Eleganz, Frucht und Säure werden ebenso üblich wie die deutliche Reduzierung von neuem Holz (wenn nicht sogar der vollständige Verzicht darauf) beim Ausbau im Barrique. Um sich von dem mächtigen Stil abzugrenzen, nutzen diese Erzeuger zunehmend den Namen Syrah für ihre reinsortigen Weine aus der Rebsorte, während sonst der Name Shiraz üblich bleibt.