Auf der Hochebene der Meseta in Castilla y León befinden sich westlich und östlich der Stadt Valladolid zwei berühmte Rotwein-Appellationen – Toro und Ribera del Duero. Vor drei Jahrzehnten hätte niemand gedacht, dass einige der frischesten Weißweine Spaniens von dort kommen würden. Doch tatsächlich haben die aus der Rebsorte Verdejo und Sauvignon Blanc produzierten Weißweine einen weltweiten Siegeszug angetreten.
Seit 40 Jahren sind sie modern
Natürlich wird in der Region rund um die Ortschaft Rueda schon seit Langem Wein erzeugt. Vielmehr wird hier, ähnlich wie in der D.O. Toro schon seit der großen Zeit der Zisterzienser im 11. Jahrhundert Wein angebaut. Vor allem die weiße Verdejo-Traube wurde schon damals kultiviert, da sie am Hof Alfonsos VI. gerne getrunken wurde. Die Weine von damals und durch die folgenden Jahrhunderte hinweg sind jedoch mit den heutigen in nichts zu vergleichen. Sie waren vor allem alkoholreich, süß und oft auch oxidativ. So wie in ganz Spanien und Europa wütete dann auch in Rueda gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Reblaus und zerstörte fast alle Weinberge. Als die Winzer diese wieder bestockten, wurde vor allem Palomino Fino, auch bekannt als Listán Blanco, gepflanzt. Es ist die Rebsorte des Jerez-Gebiets, die passender schien, um auch weiterhin oxidative Süßweine zu erzeugen, die dem Sherry ähnelten. Der Quantensprung zum heutigen Weinstil erfolgte erst zu Beginn der 1970er Jahre, als die aus der Rioja bekannten Bodegas Marqués de Riscal und ihr Berater, Professor Émile Peynaud, das Gebiet erkundeten und sich intensiv mit den Böden, dem Klima und der Rebsorte Verdejo befassten. Marqués de Riscal gründete eine Bodega und bildete somit die Speerspitze einer Appellation, die erst neu entstehen musste. Grundlage dafür war die Arbeit des legendären Émile Peynaud, der die Stilistik der Weißweine aus Entre-deux-Mers für Rueda weiterentwickelt und den Sauvignon Blanc in der Region eingeführt hat. Ein entscheidender Beitrag hierzu war die Einführung temperaturkontrollierter Edelstahltanks, ohne die dieser frische Stil nicht möglich wäre.
Terroir und Klima von Rueda
Was Peynaud schon damals fasziniert hat, war das Zusammenspiel des Klimas der Meseta mit den Böden, die man rund um die Stadt Rueda findet. Am Douro sind sie geprägt von dunkelgrauem sowie braunem Kalk und Kalkmergel, der die Schwemmlandböden der ehemaligen Flussbetten des Douro durchsetzt. Weiter im Süden sind die Böden sandiger, kiesiger und auch lehmhaltiger. Die Meseta, jene weit ausgedehnte Hochebene in Castilla y León, ist von Temperaturschwankungen geprägt, die innerhalb von 24 Stunden bis zu 50°C betragen können. Diese Schwankungen bewirken, dass die Trauben an heißen Tagen reifen, während die Säure in den kalten Nächten bewahrt wird. Die Temperaturunterschiede tragen zu einer exzellenten Ausprägung der Aromen bei. Das Klima in Rueda ist kontinental. Und doch wird es bis zu einem gewissen Grad durch maritime Einflüsse gemildert, die sich vor allem aus der Nähe zum Atlantik ergeben.
Verdejo ist die wichtigste Rebsorte der Rueda
Von den rund 13.500 Hektar der Rueda sind heute 13.000 Hektar mit weißen Sorten bepflanzt. Davon sind rund 11.300 Hektar mit Verdejo bepflanzt. Hinzu kommen Viura (Macabeo), Palomino Fino und Sauvignon Blanc. Es gibt weniger als 500 Hektar roter Rebsorten wie Tempranillo, Garnacha, Cabernet, Merlot und Syrah.
Verdejo, der Grünliche, sorgt für sehr aromatische Weißweine, die in ihrer Jugend oft an grüne und gelbe Zitrusfrüchte, an Kräuter, grüne Mandeln und Lorbeer erinnern. Typisch ist die pikante, an Limettenschalen erinnernde Note im Finale, die zusammen mit der frischen Säure für viel Trinkfluss sorgt. Zusammen mit der Viura, die unter dem Namen Macabeo im Penedès für die Cava-Produktion eingesetzt wird, sorgen die beiden Sorten für den Schaumwein Rueda Espumoso. Es gibt immer noch einige Stillweine, die an eine Sauvignon-Sémillon-Cuvée aus Bordeaux erinnern - sowohl an frische Varianten als auch an Variante,die im Holz ausgebaut werden und somit alterungswürdig sind. Es gibt auch Winzer, die Weine im klassischen Rueda-Dorado- oder Tierra-de-Medina-Stil herstellen, wobei sie spät gelesen werden, restsüß sind und mit Fülle ausgebaut werden - ähnlich wie Jahrhunderte alte Varianten.
Zusammen mit den Rías Baixas hat Rueda dafür gesorgt, dass Spanien nicht mehr nur als Rotweinerzeuger, sondern auch als spannendes Weißweingebiet wahrgenommen wird. Tatsächlich hat Rueda ab den 1990er Jahren einen Weißwein-Boom in ganz Spanien ausgelöst. Sorgten zunächst die jungen und frischen Weine für Aufmerksamkeit, so sind es heute auch die komplexen und tiefgründigen Varianten.