Tenuta Guado al Tasso
Als Niccolò Antinori, der Vater von Piero Antinori, im Jahr 1931 Carlotta della Gherardesca zum Traualtar führte, war mit dieser Heirat eine Mitgift verbunden, die ein bedeutender Baustein im Weinimperium der Antinori werden sollte. Guado al Tasso, so lautet der Name der Tenuta, lag im damals noch abgelegenen und beschaulichen Bolgheri. Das Landgut in der nördlichen Maremma, rund 100 Kilometer südwestlich von Florenz gelegen, umfasste mehr als 1.000 Hektar. Davon war ein nicht unbeträchtlicher Teil mit Weinreben bestockt. Die Adelsfamilie della Gherardesca hatte bereits im 17. Jahrhunderts mit dem Anbau von Weinreben begonnen. Entscheidend aber wurde das Engagement von Guido Alberto della Gherardesca (1780 bis 1854), der ein großer Weinliebhaber war und die Größe der Weinberge und die Qualität der Weine entscheidend verbesserte. Der Oberste Majordomus des Großherzogs Leopold II., so sein offizieller Titel, wurde der engagierteste Bolgheri-Winzer des 19. Jahrhunderts.
Der Aufstieg von Bolgheri
Der eigentliche Aufstieg des Namens Bolgheri aber erfolgte später. Das Landgut, aus dem Guado al Tasso hervorging, war ursprünglich noch größer. Bei der Heirat von zwei Töchtern der della Gherardesca wurde es geteilt. Ein Teil ging mit Carlotta an die Antinori, der andere Teil mit ihrer Schwester an deren Ehemann Mario Incisa della Rocchetta. Der erhielt das Weingut Tenuta San Guido als Mitgift. Mario Incisa pflanzte einige Jahre später mehr oder weniger heimlich Cabernet-, Merlot- und Syrah-Reben, weil er französische Weine lieber mochte als italienische. Der Wein, den er daraus erzeugte, nannte er Sassicaia. Der Name nimmt Bezug auf die feinen Steine in den Böden seines Landguts. Der Wein war über Jahrzehnte hinweg nur für den Hausgebrauch bestimmt, bis sein Sohn Nicolò, sein Neffe Piero Antinori und dessen Weinmacher Giacomo Tachis ihn Ende der 1960er Jahre davon überzeugen konnten, für ihn den Wein zu vinifizieren und zu vermarkten. Es war die Geburtsstunde des modernen Bolgheri-Weins, der jedoch bis 1995 offiziell nur als Vino di Tavola bezeichnet werden durfte, also als einfacher Tafelwein. Es gab nämlich keine Appellation für Weine, die aus französischen Rebsorten und im französischen Barrique ausgebaut wurden. Dem Ruhm der Bolgheri-Weine tat das keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Antinori, die diesen Ruhm wesentlich verantworteten, sorgten ebenso dafür, dass die Klasse der Bolgheri-Weine mit den Erzeugnissen des eigenen Weinguts Guado al Tasso untermauert wurde.
Guado al Tasso ist das größte Weingut in Bolgheri
Nirgendwo in Bolgheri stehen mehr Weinberge unter Reben als auf Guado al Tasso. 320 Hektar sind es insgesamt, auf denen Sangiovese, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah und zunehmend mehr Cabernet Franc sowie die weißen Sorten Petit Verdot und Vermentino zu finden sind. Das Klima ist dank des nahe gelegenen Meeres mediterran mild mit beständigen Brisen. Es ist ideal geeignet für früh reifende Sorten. Die Lese beginnt hier meist schon Mitte August. Die tonig sandigen und schluffigen Böden alluvialen Ursprungs mit dem typischen Bolgherese-Agglomerat sorgen hier für den besonderen Charakter. Dass das Weingut kellertechnisch State oft the Art ist, braucht beim Anspruch, den die Antinori an ihre Weine legen, kaum erwähnt zu werden. Und doch befindet sich das Team von Albiera Antinori und Renzo Cotarella in einem immer noch fortdauernden Optimierungsprozess, der heute vor allem mit den Herausforderungen des Klimawandels zu tun hat. Sorten wie der Cabernet Franc kommen damit beispielsweise deutlich besser mit dem veränderten Klima zurecht als der Merlot oder auch der Cabernet Sauvignon. So hat sich die Zusammensetzung des seit 1990 erzeugten Guado al Tasso Bolgheri Superiore ganz langsam, aber stetig mehr Richtung Cabernet Franc verschoben, während die Anteile von Cabernet Sauvignon und Petit Verdot kleiner wurden. Mit dem Matarocchio Bolgheri Superiore gibt es seit 2007 sogar einen reinsortigen Cabernet Franc auf höchstem Niveau. Die beiden Bolgheri Rossi Cont’Ugo, ein reinsortiger Merlot, sowie Il Bruciato, eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah, runden das rote Portfolio ab. Der Scalabrone Bolgheri Rosato befriedigt die hohe Nachfrage an Rosé, während der Vermentino Bolgheri für weiße Sommerfrische sorgt.