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Einstiger Ruhm in Bordeaux

Die Rebsorte Carmenere, deren Namen man von der karmesinroten Farbe ihrer Beeren ableitet, war einst ein Star. Zusammen mit dem Cabernet Franc sorgte sie für den Ruhm der besten Bordeaux-Châteaux, die 1855 als Grand Cru Classé kategorisiert wurden. Die Carmenere ist ein Gewächs aus der Region. Sie stammt von den Eltern Cabernet Franc und der Sorte Moural ab, die heute nur noch in Reb-Museen zu finden ist. Ihr Charakter, der zu dichten, großzügigen und körperreichen Weinen mit seidigen Tanninen führt, wurde sehr geschätzt, ebenso die aromatische Mischung aus Kirschen, Blaubeeren und Brombeeren, Tabak, Leder und Schokolade sowie grünem Pfeffer und Tomatenessenz. So wurde sie rund um Bordeaux schnell erfolgreich. Unter ihrem heutigen Namen wurde sie erstmals 1784 in Bergerac erwähnt, doch dürfte sie viel älter sein. Auf dem Höhepunkt ihres Ruhms Mitte des 19. Jahrhunderts war etwa ein Drittel der Bordelaiser Rebflächen mit Carmenere bestockt. Der Fall ins Bodenlose erfolgte mit der Reblaus. Als die sich durch Bordeaux gefressen und die Weinberge verwüstet hatte, musste neu gepflanzt werden. So sehr man den Charakter der Sorte schätzte, so wenig mochte man, dass sie schnell verrieselte, ertragsunsicher war und vor allem spät reifte. Bordeaux war damals deutlich kühler, und so entschieden sich die Weinbauern für Merlot und Cabernet Sauvignon neben Cabernet Franc und Petit Verdot. Einige Jahrzehnte später war die Carmenere in Frankreich so gut wie ausgestorben. Erst mit dem Klimawandel in Bordeaux gewinnt die Sorte – wenn auch noch in einem kleinen Maßstab von weniger als 50 Hektar – wieder langsam an Bedeutung. Das Château Clerc-Milon ist dabei eines der wenigen Cru-Classé-Güter mit Carmenere-Bestand.

Wo Carmenere am stärksten ist

  • China 11.200 Hektar
  • Chile 10.500 Hektar
  • Italien 1.000 Hektar
  • Argentinien 59 Hektar
  • Frankreich 28 Hektar

In Italien, Chile und China verkannt

Die Nähe zu ihrem Elternteil Cabernet Franc und den Geschwistern Merlot und Cabernet Sauvignon haben dafür gesorgt, dass die Carmenere lange Zeit und an verschiedensten Orten völlig verkannt wurde. So kam sie schon im Jahr 1892 nach China, wo man ihr im bis heute existenten Weingut Château Chang Yu den Namen Cabernet Gemischt gab, was sich irgendwann zu Cabernet Gernischt weiterentwickelte. Bis in die 2000er Jahre dachte man, dass es sich beim Gernischt um eine Kreuzung von Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon handelte. Mithilfe von DNA-Analysen fand man aber heraus, dass es Carmenere war. In Norditalien hat man die Carmenere im 19. Jahrhundert als Cabernet Franc kultiviert, bis man in den 1990ern den Fehler erkannte. In Chile hingegen hat man die Carmenere über ein Jahrhundert lang zusammen mit Merlot kultiviert und ebenfalls erst Ende der 1990er herausgefunden, dass es sich bei den Auspflanzungen um zwei Sorten handelte. Dort hat man auch die Carmenere erst 1998 offiziell – mehr oder weniger rückwirkend – zugelassen. Mittlerweile ist sie in Chile wie in China eine Signature-Rebsorte.

Neuer Aufstieg des Carmenere

Nach einem dunklen Jahrhundert ist die Carmenere wieder ins Licht getreten, und ihr Charakter wird immer mehr geschätzt. Vor allem die Mischung aus reifer Frucht, leicht herbalen Noten und Schokolade dürfte dazu beigetragen haben. Im Jahr 2010 standen weltweit auf rund 11.000 Hektar Carmenere-Reben, heute sind es mehr als doppelt so viele.