EINE KLEINE GESCHICHTE UND EINIGE ANMERKUNGEN ÜBER CHAMPAGNER
Für die einen ist es das edelste aller Getränkte der Welt aus der Champagne, für Verächter oder leidenschaftliche Biertrinker sind es despektierlich „Bubbles“ oder schlichtweg „Reichenbrause“ – der Champagner. Er wird verehrt und geliebt, und er wird belächelt und verachtet. Und mitunter als aufwendig hergestelltes Genussmittel auch einfach nur als „Dusche“ missbraucht. Doch dazu später mehr.
Die Geschichte der Champagne ist spannend wie kaum eine andere irgendeiner Weinbauregion der Welt. Und es gibt viele dramatische Momente in dieser Geschichte, etwa, als im 1. Weltkrieg das öffentliche Leben eine Etage tiefer in die Kreidekeller zog, die schon die Römer angelegt hatten und jetzt von den Champagnerhäusern als Reife- und Lagerkeller genutzt wurden. Schulen gab es in diesen unterirdischen Gängen ebenso, wie kulturelle Einrichtungen, in die sich sogar Pariser Künstler durch den Belagerungsring um Reims schmuggeln ließen, um hier aufzutreten.
Aber was macht Champagner zu jenem begehrten, faszinierenden Getränk, dessen Geschmack wie dessen damit einhergehendem Perlenspiel vielen Menschen so viel Freude bereitet? Wein wird in der Champagne seit der Zeit der Römer angebaut, die ihn genossen, zumal Wein stets ein Teil des Soldes der Legionäre ausmachte. Campagna –flaches Land- nannten die Römer diese Landschaft. Vom geliebten Spiel der Perlen allerdings war dieser Wein sehr weit entfernt. Auch zur Zeit der Klöster und Abteien, die bis in das späte Mittelalter hinein hier den Weinbau prägten. Immerhin sollten es zwei Mönche sein, Dom Perignon und Dom Ruinart, die sich später um die Entwicklung des edlen Schäumers große Verdienste erwarben. Zu jener Zeit wurde die Gärung, die Wandlung von Most in Wein, übrigens als von Gott gewollt und geleitet angesehen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts gewann die Erkenntnis an Raum, dass die Tätigkeit von Hefen, die Spaltung von Zucker und Alkohol und Kohlendioxyd für die Weinwerdung verantwortlich war. Im besonderen Maß hat sich hier der Wissenschaftler Louis Pasteur hervorgetan.
Aber zurück zur Champagne. Kaum jemand weiß, dass bis in das 17. Jahrhundert hinein in der Champagne in erster Linie Rotwein erzeugt wurde. Erst danach gewann die Kelterung von Weißwein aus roten Trauben an Boden. Aber wie kamen die Perlen in den Wein? Ein Produkt des Zufalls, der in besonderem Maß den Engländern auffiel, denn die britische Insel war bereits damals eines der wichtigsten Importländer für Wein überhaupt, also auch für jenen Wein aus Champagne. Nun ist die Champagne eine der kühlsten Weinbauregionen der Welt. Was man vor knapp 300 Jahren nicht wusste, Hefen stellen ihre Tätigkeit bei Temperaturen unter 10 Grad zunehmend ein. War der Herbst also besonders kühl, so stoppte die Gärung in den Fässern. Wurden diese Fässer im Januar oder Februar nach England verschifft, und gelangten diese also in das milde Klima des Golfstroms, kehrte Leben in die Fässer zurück und es begann praktisch zu brodeln. Zapfte man diesen Wein ab, so hatte man quasi sprudelnden Wein im Glas. Gleiches Schicksal „erlitten“ übrigens auch die in der Champagne gefüllten Flaschen, die zunehmend eingeführt wurden. Nun könnte man denken, die Briten würden sich über diesen „unerhörten“ Vorgang echauffieren und eine fette Beschwerde nach Reims schicken. Aber nein – im Gegenteil. Die britische Insel begann diesen schäumenden Stoff zu lieben, und so musste erforscht werden, wie man die Perlen regelmäßig und methodisch in den Wein bekam. So schlug die Geburtsstunde des Champagners, wie wir ihn heute kennen.
Champagner, das wird leicht vergessen, ist heute eines der am aufwendigsten hergestellten Genussmittel, das macht ihn kostbar und einzigartig, egal, wie auch immer man zu ihm stehen mag. Und es handelt sich letztlich um hochwertigen Wein, mit dem feinen Unterschied das er perlt. Er sollte daher auch mit dem gleichen Respekt behandelt werden, dem man auch sonst einem guten oder gar großen Wein entgegenbringt. Wenn man dann Bilder sieht, wie sich die Reichen der Welt etwa in St. Tropez den edlen Stoff morgens um 11 Uhr sinnbefreit über den Kopf schütten, oder auch Sieger, denen die Freude ja vergönnt sei, ihn in der Gegend auf die Fans spritzen, dann bleibt dieser Respekt leider auf der Strecke. Es gibt genug billigen und massenhaft hergestellten Sekt, der diese Stellen jederzeit einnehmen könnte.