Ist eine Cuvée, Blend nennen so etwas die Briten, Assemblage nennen es die Champagnererzeuger, immer der etwas gewöhnlichere Wein? Schlimmer noch kommt es in deutscher Sprache, denn das durchaus wohlig klingende und Genuss verheißende französische Wort „Cuvée“ wird in das Deutsche mit „Verschnitt“ übersetzt, und das assoziiert in den Köpfen des Weinfreundes und Konsumenten fast automatisch „gepanscht“! Ist also ein Verschnitt, das Zusammenführen verschiedener Rebsorten oder der Wein unterschiedlicher Rebsorten tatsächlich „Panscherei“? Nein, auch wenn man die Methode des Cuvetierens natürlich auch für derart schäbige Zwecke nutzen könnte.
Viele exzellente Weine, die wir heute inniglich schätzen und lieben, würde es ohne die Praxis des Cuvetierens, oder – wir sprechen es ruhig aus – des Verschnitts gar nicht geben, Bordeaux etwa, Châteauneuf-du-Pape oder Champagner, um nur einige bedeutende zu nennen. Aber warum tut man das überhaupt? Was bringt Erzeuger dazu, Weine miteinander zu vermählen. Die Antwort ist einfach, weil die Summe der Weine in Bezug auf Klima, Boden und angebaute Rebsorten bessere Ergebnisse bringt, als jede Rebsorte für sich. Und das ist wiederum, auch bedingt durch Klima und Boden, historisch gewachsen.
Nehmen wir einfach einmal das wohl berühmteste Beispiel einer Rebsorten-Cuvée – Bordeaux! Die Region liegt am Atlantik und verfügt tatsächlich über unterschiedliche Klimazonen. Die einfachste Unterscheidung lautet rechtes Ufer vs. linkes Ufer. Die Regionen am linken Ufer wie z.B. Médoc und Haut-Médoc liegen näher am Atlantik und sind daher kühler. Die von der Gironde hier hinterlassenen Kieselböden sind ein idealer Standort für die Rebsorte Cabernet Sauvignon. Diese Sorte reift allerdings recht spät. Wird es also früher herbstlich kühl, weist die Sorte häufig einen grasigen und rauen Ton auf. Gut, dass es Parzellen gibt, in denen sich der weiche und geschmeidige Merlot sehr wohl fühlt, und der wird deutlich früher reif. Durch das Cuvetieren beider Sorten lassen sich also die Unartigkeiten des an und für sich großartigen Cabernet Sauvignons austreiben. Gleichzeitig lassen sich so auch Tiefgang, Komplexität und Finesse des Weines justieren. Um „Panscherei“ handelt es sich nun wirklich nicht.
Das rechte Ufer liegt weiter weg vom Atlantik, Top-Regionen wie St. Émilion oder Pomerol sind trockener und wärmer. Auf den hier vorherrschenden Böden aus Ton, Kalk und vor allen Dingen Lehm läuft der Merlot zu absoluter Höchstform auf, es sei denn, er wird von einem feuchten und kühlen Herbst ausgebremst, was schon einmal vorkommen kann. Aber da hat der Merlot dann als gute Partner Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon zur Seite, die gerne einspringen, wenn ihnen ein warmer September zu guter Reife verholfen hat.
Cuvetiert wird also, um negative Eigenarten einer Rebsorte auszugleichen und zugleich deren Stärken zu betonen. So geben etwa die Winzer der nördlichen Rhone einen Hauch der Weißweinsorte Viognier in ihre besten Shiraz mit brillanten Ergebnissen. Ein roter Châteauneuf-du-Pape z.B. kann aus nur einer Rebsorte bestehen aber auch aus bis zu 13. Auch die Region Rioja hat unterschiedliche Klimazonen, so dass die Bodegas auch hier ihren hochwertigen Tempranillo etwa mit Graziano oder Mazuelo vermählen, selbst für die allerbesten Rioja, die auch schon einmal 100 Punkte ernten.
Ist eine Cuvée reinsortigen Weinen womöglich sogar überlegen? Nein, so ist es nun auch wieder nicht. Aber auch die Tradition nur eine einzige Rebsorte im Weinberg zu kultivieren, oder sogar ausschließlich innerhalb einer Region ist aus der Tradition und dem Verständnis von Klima und Boden entwachsen. In den kühlen Weinbaugebieten im nördlicheren Deutschland, z.B. der Mosel oder dem Rheingau, hat sich der Riesling einfach am besten bewährt. Er ist robust, verträgt viel und ist auch frostresistent und dennoch bringt er am Ende gute bis absolut überragende, einzigartige und unvergleichliche Weine.
Und zu guter Letzt das viel beschworene Terroir, das immer wieder in den Vordergrund gestellt wird. Wer kann es besser – reinsortiger Wein oder Cuvée? Der Vergleich würde unentschieden ausgehen! Es gibt etwa echte reinsortige Terroir-Weine, der auf Kimmeridgekalk wachsende Chardonnay in Chablis, oder der Riesling der Mosel, entstanden auf den kargen steifen Schieferterrassen. Aber auch Bordeaux, Rioja oder Châteauneuf-du-Pape spiegelt in seinen besten Weinen den Boden wieder, auf dem die Reben ihr segensreiches Werk verrichten. Und das gilt auch für den „Gemischten Satz“, worunter man im eigentlichen Sinn versteht, dass unterschiedliche Rebsorten in einem einzigen Weinberg stehen, gemeinsam geerntet und gemeinsam vergoren werden. Der elsässische Kultwinzer Marcel Deiss etwa schwört absolut darauf und hat in vielen seiner Weinberge gleich sämtliche 13 für die Herkunft Alsace zugelassenen Rebsorten stehen. Aber wer einmal seine Weine verkostet hat, wird feststellen können, wie unterschiedlich Terroir riechen und schmecken kann. Das möchten Sie auch? Wenden Sie sich gerne an unser Fine Wine Team.
Blend or not Blend – das ist hier nicht die Frage, sondern ein interessantes und spannendes Thema das beweist, dass es eben nicht nur den einen, wahren Weg zum exzellenten Wein gibt. Deshalb werden wir gerne auf diese Diskussion zurückkommen, denn zum Champagner, dem weltweit vielleicht verehrtesten Kultgetränk, haben wir an dieser Stelle noch gar nichts gesagt.