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Priorität? - Qualität!

Wenn Qualität auf Tradition trifft, denken Sie wahrscheinlich so wie Ich an Champagner – das wohl begehrteste und prominenteste Schaumweingetränk weltweit.

Veröffentlicht am 28. August 2019

In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick in die Welt der Champagner-Herstellung bieten und ihnen die wichtigsten Punkte in der Erzeugung zeigen sowie erklären, welcher Prozess den größten Einfluss nimmt und versuchen das Wortspiel Priorität – Qualität zu erklären.

Bei der Erzeugung edler Schaumweine, allen voran natürlich dem Champagner, reden viele von Flaschengärung, als wäre dieser Vorgang an und für sich bereits der große Unterschied zwischen Top-Qualität und Allerweltsschäumer, also zwischen »himmelhochjauchzend« und »zu Tode betrübt«. Das allein aber macht den geschmacklichen Unterschied nicht aus, eher die Qualität der Perlen ist ausschlaggebend. Der Prozess, der durch die Flaschengärung in Gang gesetzt wird, ist wesentlich komplexer und hat im Verbund mit der Lager- und Reifezeit tatsächlich einen maßgeblichen Einfluss auf Duft und Geschmack, der wahrscheinlich größer ist, als man meinen möchte.

Natürlich ist das Ausgangsmaterial für höchste Qualität von ausschlaggebender Bedeutung, also die Herkunft und die Qualität der Trauben. Aber der nächste entscheidende Faktor ist eben, wie lange durfte der Champagner danach reifen? Wann wurde er degorgiert, also von der Hefe getrennt, wie lange durfte er danach auf der Flasche ohne Hefe weiter reifen? Was also passiert eigentlich im Verlauf der sogenannten Flaschengärung?

Zunächst wird die Flaschengärung ausgelöst, indem in die Flasche mit dem stillen Grundwein ein Likör aus Hefe und Zucker gegeben wird. Danach wird die Flasche luftdicht verschlossen. Die Hefen tun nun das, was sie am besten können – sie machen sich über den Zucker her und verwandeln ihn in Alkohol und CO2. Allein bei diesem Prozess entwickeln sich bereits weitere Aromastoffe, die dem Champagner später zu einem komplexen Profil verhelfen. Das CO2 indes kann nicht entweichen und wird quasi dazu gezwungen sich im Wein zu binden – die »Bubbles« entstehen. Irgendwann ist der Zucker aber verbraucht und der Wein ist mit den begehrten Perlen gesättigt und die Hefen finden keine Nahrung mehr.

Nun setzt der Prozess der Zersetzung der Hefen ein, der besonders wichtig für die Entstehung eines Top-Champagners ist. Diesen Zerfallsprozess nennt der Fachmann Autolyse, gut für Sie zu wissen, weil man sich mit diesem Fachausdruck auf der nächsten Champagner-Party wirkungsvoll inszenieren kann. Tatsächlich aber erfüllt die Autolyse zwei ganz wichtige Funktionen. Zum einen verbraucht dieser Vorgang Sauerstoff, immunisiert also den Champagner gegen Oxidation. Zum anderen entwickelt sich hierbei das für den Champagner charakteristische Aromaspektrum, vor allen Dingen Aromen von Nuss und Brioche, später frische Brotkruste oder getrocknete Gewürze. Gleichzeitig steuern die drei für den Champagner zugelassenen Rebsorten ihre aromatische Textur bei, gelbe Früchte, Limette, Himbeeren, Erdbeeren, Pfirsich etc..

Je länger dieser Prozess dauert, desto reifer werden die Früchte, später gehen sie teilweise auch in ein getrocknetes Stadium über. Steht die Frucht zu Beginn der Autolyse also stark im Vordergrund, so entwickeln sich durch die Autolyse eben genau deren Aromen und verbinden sich allmählich mit der Frucht.

Ist der Zeitpunkt gekommen den Hefetrub zu entfernen, also für das »Degorgement«, so beginnt das sogenannte »Rütteln«. Teilweise geschieht dies noch von Hand, teilweise aber wird es auch von Maschinen übernommen, den sogenannten »Gyropalettes«. Qualitativ nimmt das zwar keinen Einfluss, aber Handarbeit klingt natürlich schöner. Dabei werden die Flaschen so bewegt, dass die Hefen sich im Flaschenhals sammeln, von dort aus kann das Depot dann entfernt werden und der Champagner wird blitzblank und klar. Nun beginnt ein zweites Leben des Champagners, jenes ohne Hefe und Autolyse.

So kann man feststellen, dass der Zeitpunkt des Degorgierens nach der zweiten Gärung sowie die Reifezeit danach, auf Duft und Geschmack einen ganz entscheidenden Einfluss haben. Seit 1985 wird das Datum des Degorgements grundsätzlich auf jeder Champagnerflasche angegeben. Bei einem Non Vintage Champagner, die sind ja die Regel, besagt das nichts darüber, wie lange der edle Schäumer auf der Hefe gelegen hat, aber immerhin, wie lange sich der Champagner zum Zeitpunkt des Erwerbs ohne Hefe in der Flasche entwickeln durfte.

Und noch etwas hat Einfluss auf Geschmack und Qualität eines Champagners – die Dosage nach dem Degorgement, die die Geschmacksrichtung bestimmt- Wie trocken soll´s denn sein? Die Dosage, ein Cocktail aus Grundwein und Zucker und in der Fachsprache »Liqueur d´Expedition« genannt, ist wichtig für die Balance eines Champagners, wird aber auch zur Korrektur kleiner –nennen wir es einmal so- »Ungereimtheiten« verwendet. Erstklassige Champagnerhäuser verwenden in ihren Cuvées so hochwertige Grundweine, dass sie zur Harmonisierung ihrer noblen »Schäumer« kaum Dosage benötigen.


Ein Pionier am »Champagner-Himmel« - Bruno Paillard

Bruno Paillard war anfangs ein fulminantes und viel bewundertes Start-Up der 80er Jahre in der Champagne und ist heute ein kleines, aber sehr exklusives Champagnerhaus. Mehrfach gefeiert für absolute Top-Champagner, haben sich das Team um Bruno und er sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen – ein Kistchen mit 3 Non Vintage Champagnern, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten degorgiert wurden, also somit auch unterschiedlich lange ohne Hefe und Autolyse auf der Flasche reifen durften. Eine Flasche wurde vor 3 Monaten degorgiert, eine vor 3 Jahren und eine vor 6 Jahren. So lässt sich genussvoll und sinnlich erfahren. inwieweit das Hefelager und die Reifezeit danach den Champagner verändern – eine einzigartige Idee!

Dabei beginnt man die Verkostung am besten mit dem jüngsten Wein und endet mit dem ältesten. Nehmen Sie auf jeden Fall ein geeignetes Glas, wir empfehlen hier ein klassisches Rieslinglas. Die Champagner sollten, um tatsächlich ihre Geheimnisse preisgeben zu können, bei ca. 10 Grad eingeschenkt werden. Leider ist die Anzahl der Kistchen streng limitiert. Deshalb laden Sie Freunde und Interessierte ein – diese Probe ist so einmalig, so spannend und faszinierend, dass man Sie unbedingt mit Gleichgesinnten teilen sollte. Im Gespräch entwickeln sich vielleicht weitere Erkenntnisse, die Sie nicht erwartet hätten. Und so hätte diese Probe neben ihrem extrem hohen Erkenntniswert auch wieder etwas bewiesen, was man für den kultivierten Genuss von Wein nicht oft genug hervorheben kann – sie hätte Menschen zusammengeführt!