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Frische Frucht, satte Aromen und weniger Alkohol: Bordeaux 2021

Ein Gespräch mit Geschäftsführer & Experte für Bordeaux Subskription Pierre Enjalbert über den Jahrgang 2021.

Veröffentlicht am 31. Mai 2022

Nach der zweijährigen Pause war es gut, wieder in Bordeaux zu sein. Nichts ist besser, als die Weine auf den Châteaux zu verkosten, befreundete Winzer zu treffen und sich direkt mit ihnen auszutauschen. Einige Journalisten hatten sich bereits Anfang dieses Jahres über die 2021er geäußert – teilweise, ohne sie probiert zu haben –, und deren Folgerungen waren nicht immer positiv.

Vor Ort stellt sich die Situation allerdings ganz anders dar, in den Verkostungen und Gesprächen mit den Önologen und Château-Besitzern wurde schnell klar, dass die 2021er viel zu bieten haben. Die meisten der Weine sind klassisch strukturiert, haben einen moderaten Alkohol, gute Frische und eine prägnante Frucht – aber wegen des unregelmäßigen Wetters ist die Qualität heterogen, und man muss genau schauen, wer die besten Weine produziert hat.

Deshalb war es mir umso wichtiger, mir in Bordeaux ein Bild über die Qualität zu verschaffen und jedes Château mehrmals zu probieren, um zu verstehen, was mit dem Jahrgang 2021 los ist.

Das Wetter: turbulent und letztlich schön

Die ersten Herausforderungen kamen im April, vom 6. bis 8. April 2021 gab es Spätfroste – ein Albtraum für jeden Weinbergbesitzer. Drei Nächte lang kämpften alle Mitarbeiter damit: Sie stellten kleine Öfen und Kerzen auf, um die jungen Triebe in den Weinbergen vor der Kälte zu schützen. Auch Gebläse wurden eingesetzt, um die kalte durch wärmere Luft auszutauschen. Es gelang, die Reben zu beschützen, doch wurde die Zahl der Trauben reduziert und die Entwicklung der Reben verzögert.

Im Frühsommer war das Wetter regnerisch, aber warm. Es bestand die Gefahr von Oidium-Befall. Dieser Pilz kann innerhalb von ein paar Stunden Weinberge und Trauben enorm beschädigen. Er muss sofort bekämpft werden (auch am Wochenende).

Durch die Wetterkapriolen war zudem die Reife verspätet und Mitte August erwarteten die Winzer nicht mehr viel von dem Jahrgang.

Endlich ein wunderschöner Spätsommer

Glücklicherweise war das Wetter zwischen August bis Anfang Oktober gut, sodass man fast überall eine gute Reife erzielen konnte. Es gab Anfang Oktober leichten Regen, was einige Winzer unter Druck setzte. Aber im Ganzen haben günstige Wetterbedingungen im Spätsommer und während der Lese alles gerettet und ermöglicht, großartige Weine zu produzieren – wenn auch die Mengen geringer waren, als die Winzer sich erhofft haben.

Qualität

William Kelley schrieb am 29 April 2022 in Robert Parker’s Wine Advocate: “2021 has produced several genuinely great wines, as well as many good to excellent wines that will deliver immense pleasure.” Das trifft die Lage recht gut, denn wenn auch nicht so viele Spitzenbewertungen zustande kamen, sind doch eine Menge sehr sehr guter Weine entstanden. Drei Bedingungen waren nötig, um große Weine zu produzieren.

  • Das Terroir: Wenn ein Jahr nicht so gut ist, haben die guten Lagen immer einen Sie werden oft vom Frost verschont, weil sie nah an der Gironde liegen. Dort ist es windiger und trockener. Deshalb sind die Reben nicht so Pilz-gefährdet wie auf den Plateaus im Hinterland. Gute Lagen verfügen über ein natürliches Bewässerungssystem.
  • Die Performance in den Weinbergen: Frost und Mehltau waren eine große Herausforderung. Die Châteaux, die genug Mitarbeiter hatten und somit schnell und optimal reagieren konnten, hatten sich am Ende einen riesigen qualitativen und quantitativen Vorteil verschafft.
  • Die Performance in der Winery: Es war wichtig, den Jahrgang richtig einzuschätzen und zu verstehen. Die Trauben mussten sorgfältig gelesen werden, unreife Beeren aussortiert sowie oft extrahiert und vinifiziert werden.

Die Top-Châteaux, die Top-Lagen und gut gearbeitet haben, konnten unglaubliche Weine produzieren. Die Weine haben weniger Alkohol als 2019 und 2018. Sie sind dadurch sinnlicher, eleganter und feiner. Ist das nicht das, was Bordeaux groß macht? Diese pure Eleganz, die nur Bordeaux produzieren kann?

Die guten 2021er sind vielschichtig, seriös, haben polierte Tannine und sind saftig im Antrunk. Die Weine sind definitiv nicht schlank und bieten teilweise viel Alterungspotenzial.

William Kelley vergleicht den Jahrgang mit einem modernen 1999er, bei Weinen aus dem nördlichen Médoc denke man an den 1996er Jahrgang. In den 1990er Jahren wäre ein Jahrgang mit der Qualität der 2021er als großartiger Wein gefeiert worden. Wer Eleganz mag, wird diese Weine mögen und genießen, und wer die Bordeaux-Jahrgänge 1996 und 1995 schätzt, wird die 2021er Weine lieben.

Auch wenn große Weine produziert wurden, ist die Qualität sehr heterogen. Man kann nicht alles blind kaufen. Für dieses Angebot haben wir viel verkostet und gut mit unseren Partnern verhandelt, sodass Sie sich auf unsere Empfehlungen ruhig verlassen können.

Der Markt

Die internationale Nachfrage war letztes Jahr sehr hoch. Auch in Deutschland wurde viel Bordeaux verkauft. Durch die geringen Erträge des Jahres 2021 ist die Verfügbarkeit der Weine von den Top-Châteaux sehr gering, und deshalb bin ich der Meinung, dass die Châteaux keinen Grund haben, ihre Preise zu reduzieren. Château Mouton Rothschild zum Beispiel hat 2021 zwanzig Prozent weniger Wein produziert als im Vorjahr, ähnlich geht es anderen Châteaux. Dies treibt die Preise nach oben. Vielleicht werden aber die internationalen Ereignisse das Spiel neu mischen.

Zusammenfassung: Lohnt sich der Kauf?

Antonio Galloni (vinous.com) schrieb in seinem Report vom 10. Mai: „The 2021 Bordeaux have turned out to be such a surprise. Weather conditions were challenging, and yet the top properties turned out gorgeous, classically built wines that will absolutely thrill readers who appreciate freshness and energy. Restrained alcohols and mid-weight structures will remind readers of Bordeaux pre-2000s. The best wines offer a striking combination of old-school classicism with modern-day precision.

Es ist klar, dass die 2021 erreichten Qualitäten in ihrer Gänze nicht an Jahre wie 2009 oder 2016 heranreichen. Aber die Top-Châteaux haben eine unglaubliche Qualität erreicht, die der der Vorjahre entspricht.

Und so sehr sich die Weine von denen aus heißen Sonnenjahren wie 2019 unterscheiden, so hat doch der geringere Reifegrad viele wundervolle Seiten von Bordeaux hervorgebracht: Die Weine haben weniger Alkohol und sind dadurch vielschichtig, seriös, elegant und haben geschliffene Tannine und sind saftig und zart. Die Weine sind trotzdem nicht schlank, haben feinen Extrakt und bieten teilweise viel Alterungspotenzial. Allerdings konnte nicht jedes Château dieses Niveau erreichen, insbesondere bei den kleinen Weinen bitten wir Sie deshalb, auf unsere Empfehlungen zu achten.

Sollen Sie diesen Jahrgang kaufen?

2021 lohnt sich unter vielen Gesichtspunkten: Wer schon bald trinkbare, elegante Weine sucht, wird sie hier sicher finden. Allerdings lohnt es sich gerade auch bei den günstigen Weinen, die Beschreibungen und Bewertungen durchzusehen und im Zweifelsfall direkt bei uns zu fragen, wie der Wein ausfällt.

Es gibt sehr interessante große Weine zu kaufen, Weine mit viel Charakter und langer Perspektive. Diese Chance sollten Sie nicht verpassen. Wir empfehlen die Châteaux Mouton Rothschild, Canon, Figeac und Palmer.

Werden diese Weine an Wert zulegen?

Ja, aber nicht alle. Bestimmte Weine sind sehr rar und gefragt. Die Preise von Mouton, Lafite, Carmes und Figeac werden sicherlich schnell steigen, wenn die Weine am Markt kaum verfügbar sind. Hier können Sie das Tesdorpf-Team fragen. Werner Riess, Tom Andrew und ich stehen natürlich zur Verfügung.