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VDP - Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter

Wer kennt ihn nicht, den Traubenadler, der auf den meisten der bedeutenden deutschen Rieslinge, Silvaner und Burgunder zu finden ist?

Veröffentlicht am 28. Februar 2018

Der Traubenadler ist zu einem Symbol geworden für den enormen Aufschwung, den der deutsche Wein seit der Jahrtausendwende genommen hat. Doch die Geschichte des Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), der hinter dem Traubenadler steht und dem heute 195 Weingüter angehören, ist viel älter. Sie beginnt im Jahr 1910.


GRÜNDUNG DES VERBANDES DEUTSCHER NATURWEINVERSTEIGERER

Damals haben sich die vier Regionalvereine von Mosel, Saar und Ruwer, dem Rheingau, aus Rheinhessen sowie der Rheinpfalz zum VDNV, dem Verband Deutscher Naturweinversteigerer, zusammengeschlossen, um ihre Interessen besser vertreten zu können. 1912 stieß auch der neugegründete Regionalverband von der Nahe zu diesem Bündnis. Deutscher Wein hatte bis zum Ersten Weltkrieg einen extrem guten Ruf. Die Weine waren oft teurer als beste Champagner, Bordeaux oder Burgunder, und sie wurden von den Händlern normalerweise auf den Naturweinversteigerungen der regionalen Verbände erworben. Doch diese mussten sich gegen die günstigere Konkurrenz durchsetzen.

WAS BEDEUTET DER BEGRIFF »NATURWEIN«?

Damals, im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, wurden Weine immer häufiger durch Hinzufügung von Zucker alkoholisch angereichert oder später auch mit Zuckerwasser gesüßt. Diesen minderwertigen Weinen musste man klare Qualitätskriterien entgegenstellen. Um den Ruf des deutschen Weins nicht zu gefährden, wählte man den Begriff »Naturwein«, der schon im Namen klarstellen sollte, dass dem Wein keine fremden Stoffe hinzugefügt worden waren. Man verpflichtete sich auf die »absolute Reinheit und Originalität der Weine«.

Die Weine wurden von den renommierten Mitgliedsbetrieben nicht etwa im Fass verkauft, wie es damals allgemein üblich war, sondern sie wurden im Weingut in Flaschen gefüllt und dann auf Weinversteigerungen angeboten. Das hatte den Vorteil, dass der Endverbraucher später sicher sein konnte, dass in der Flasche auch das drin war, was der Winzer vinifiziert hatte. Im 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war es durchaus üblich, dass die Händler Weine als Fassware kauften, sie dann weiter ausbauten und auch stilistisch veränderten.

Ein Nachteil war, dass die Versteigerungen zu unterschiedlichsten Zeiten auf den Weingütern abgehalten wurden und dass die Händler, welche die Weine erstehen wollten, ständig durchs Land reisen mussten. Denn im 19. Jahrhundert gab es national wie international eine enorme Nachfrage nach deutschem Naturwein, und die Versteigerungen wurden immer zahlreicher. Schließlich entschloss man sich, zentrale Versteigerungen durchzuführen, aus denen dann die Vereine entstanden, die sich im Verband der Naturweinversteigerer untereinander absprachen.

SCHWIERIGE ZEITEN BIS ZUR GRÜNDUNG DES VDP

Mit dem Ersten Weltkrieg begann der Niedergang des deutschen Weinbaus. Deutschland wurde militärisch besiegt, verlor seinen guten Ruf, es gab Besatzung und Inflation. Sowohl im Ersten wie später auch im Zweiten Weltkrieg blieben viele Winzer im Feld, das Handelssystem der Weine, das vor allem auch von jüdischen Familien aufgebaut worden war, brach zusammen. Zwischen 1940 und 1949 gab es keinerlei Weinversteigerungen mehr. Die erste Spitzenweinversteigerung fand erst wieder 1955 statt, und mit dem Jahrhundertjahrgang 1959 wurden auch ausländische Märkte, allen voran der in den USA, wieder auf deutsche Weine aufmerksam.

Parallel zu den Spitzenweinen wurden allerdings einfache süße Weine wie die »Liebfrauenmilch« national wie international immer populärer und haben dann das Bild des deutschen Weines geprägt – sehr zum Leidwesen der Qualitätsweinerzeuger. Zwei weitere Umbrüche machten den Weingütern zusätzlich zu schaffen. 1967 wurde vom Deutschen Weinbau-Verband das Verbot des Begriffs »Naturwein« beschlossen, um die anderen Erzeuger nicht auszugrenzen und und ihre Weine als unnatürlich erscheinen zu lassen. Mit der Reform des Weingesetzes und einer großen Flurbereinigung fielen zudem 1971 viele Spitzenlagen den Großlagen zum Opfer, wodurch das Renommee weiter verwässert wurde. Dies setzte den Betrieben so stark zu, dass die letzten 75 Mitglieder 1971 den Verband auflösen wollten.  Aber nach einer leidenschaftlichen Rede des rheinhessischen Winzers Peter von Weymann, dem Besitzer des Weinguts Heyl zu Herrnsheim in Nierstein, kippte die Stimmung.

Schließlich schloss man sich unter seiner Führung zum Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) zusammen und beschloss eine neue Satzung. Diese propagierte ganz klar »Qualität statt Quantität« und erlegte sich dafür besondere Standards auf, die man zehn Jahre später, 1982, noch einmal verbindlicher machte.

 

DIE SÜSSWEINWELLE DER 1970ER- UND 1980ER-JAHR

Der VDP hatte es sich zum Ziel gesetzt, gegen den breiten Strom von Massenweinen und billigen Süßweinen zu rudern. Das war nicht leicht; denn sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern wurde der Markt mit Billigware überschwemmt. Dagegen halfen nur ein gezieltes Marketing und eine bewusste Abgrenzung. Schritt für Schritt versuchte man, das Renommee des deutschen Spitzenweins wieder aufzubauen. Tatsächlich sollte es aber noch bis in die späten 1990er-Jahre dauern, bis das schließlich gelang. Eklats wie der Glykolskandal in den 1980er-Jahren, bei dem deutschen wie österreichischen Winzern das Nachsüßen der Weine mit billigem Industriealkohol nachgewiesen wurde, versetzten dem Weinbau schwere Schläge. Von der Gründung der Mainzer Weinbörse im Jahr 1973 über das Wiederaufleben der Weinversteigerungen 1981 bis zur großen Wende mit dem neuen Klassifikationsstatut 2002 war es ein langer Weg.

DER TRAUBENADLER SCHWINGT WIEDER SEINE FLÜGEL

Unter dem Präsidenten Michael Prinz zu Salm-Salm (ab 1991) und seinem Nachfolger Steffen Christmann (seit 2007) hat sich der Verband komplett verändert. 1991 stiegen wegen neuer, noch rigiderer Qualitätsstandards 73 der damals 161 Betriebe aus, gleichzeitig bewarben sich allerdings 108 erfolgreich um eine neue Mitgliedschaft. Selbstbeschränkung war das Ziel des Verbandes, dessen Mitglieder weitestgehend das Who’s who des deutschen Spitzenweinbaus bildeten. Zusammen mit einem Generationswechsel in den Betrieben, wo junge, auch auslandserfahrene Winzer für ein neues Miteinander warben, entstand eine komplett neue Klassifikationsstruktur.

DIE QUALITÄTSPYRAMIDE DES VDP

Die verbandsinterne Klassifikation basiert auf der romanischen Qualitätspyramide, wie es sie in Bordeaux, vor allem aber im Burgund gibt. Die unterste Stufe der Pyramide bildet der VDP.Gutswein, der immer rebsortenrein und trocken ausgebaut wird. Er soll regionstypisch schmecken und könnte beispielsweise »Riesling trocken Rheingau« heißen.

Über dem Gutswein präsentiert sich der VDP.Ortswein, ebenfalls trocken soll er eine bestimmte Ortstypizität widerspiegeln. Ein Beispiel wäre der »Kiedricher Riesling trocken«.

Mit der VDP.Ersten Lage ist man schon im Spitzensegment der Premier Cru und Grand Cru angekommen. Die Ersten Lagen haben nach teils jahrhundertelanger Erfahrung nicht ganz das Potential der besten Lagen, weshalb man sie an dritter Stelle platziert. Ein Beispiel für diese Bezeichnung wäre der »Kiedrich Klosterberg Riesling trocken«.

Über allem thronen heute aber die insgesamt rund 580 Großen Gewächse aus 340 unterschiedlichen VDP.Großen Lagen in Deutschland. Es sind die nach Meinung des VDP hochwertigsten deutschen Weinberge, die parzellengenau von ihren Nachbarn abgegrenzt sind. Auch hier entstehen ausschließlich trockene, reinsortige Weine, die zum einen ein großes Reifepotential besitzen und außerdem den Charakter der Lage widerspiegeln sollen. Neben dem vorherrschenden Riesling gibt es auch Große Gewächse aus Früh- und Spätburgunder, Silvaner, Weißburgunder, Chardonnay, Lemberger, Grauburgunder und Traminer. Diese Weine – ein Beispiel wäre der »Kiedrich Gräfenberg Riesling trocken GG« – werden am 1. September eines jeden Jahres präsentiert. Neben den trockenen Weinen werden aber auch die fruchtigen und edelsüßen Weine des VDP in einer Pyramide vom Gutswein bis zur Großen Lage gegliedert. Der Unterschied ist hier, dass die Weine auf den Etiketten mit den Prädikaten Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein bezeichnet werden.

ZWISCHEN AUGUST UND FEBRUAR WIRD VERKOSTET UND BEWERTET

Neben der Mainzer Weinbörse Ende April sind es die Vorpremiere, die Premiere und die nachfolgende Große-Gewächse-Verkostung, auf denen dem Fachpublikum die Großen Gewächse präsentiert werden. Während auf der Weinbörse im April alle Stufen der Pyramide vorgestellt werden, findet im August die sogenannte Vorpremiere der Großen Gewächse in Wiesbaden statt, zu der nur ein kleiner Kreis ausgesuchter nationaler und internationaler Fachjournalisten eingeladen wird. Diese können über drei Tage hinweg alle vorgestellten Großen Gewächse verkosten. Dies dient zur Orientierung und Jahrgangseinschätzung, bevor auch Händler am 1. September in Berlin die Chance haben, die Großen Gewächse zu probieren. Im Frühjahr des darauffolgenden Jahres veranstaltet der VDP in unterschiedlichen Regionen der Republik weitere Verkostungsveranstaltungen.

MIT DEM GROSSEN GEWÄCHS AN DIE SPITZ

Mit diesem erheblichen Aufwand, den der Verband sich leistet, hat sich innerhalb der letzten 15 Jahre das Pyramidenmodell mit dem neuen Weintyp der trockenen Ersten und Großen Gewächse hierzulande wie auch im Ausland einen sehr guten Namen erworben. Mit der Klassifizierung hat sich auch das Qualitätsdenken immer weiter durchgesetzt. Die VDP-Betriebe bewirtschaften als Speerspitze heute rund 5 % der gesamten Fläche in Deutschland, liefern aber nur 3 % des Ertrages. Die Erntemengen werden also zugunsten der Qualität klein gehalten. Von der gesamten Fläche des ökologischen Weinanbaus gehören 22 % zu VDP-Betrieben. Auch das ist ein Merkmal für Qualitätsdenken. Fast nebenbei haben auch die Spitzenlagen in Deutschland wieder eine neue Bedeutung erlangt und die Aufmerksamkeit erhalten, die sie teils über Jahrhunderte hinweg hatten.