image

Portugal – verheißendes Weinland

Ein Reisebericht vom Douro von Marcel Ribis

Veröffentlicht am 20. Oktober 2021

An was denken Sie bei portugiesischem Wein? An einen leichten Vinho Verde oder eventuell an den Ruby Port, der seit Jahren im Schrank steht? Auf meiner letzten Reise nach Portugal lernte ich großartige Weine kennen, blind verkostend hätte ich öfter im Burgund oder Bordeaux sein können als in Portugal. Die portugiesische Weinvielfalt hat sich enorm entwickelt; weiter, als viele denken. Entdecken Sie mit mir ein Land, welches Weine von Weltklasse macht und das kulinarisch einzigartig ist. Hier finden Sie meine Empfehlungen, unvergleichliche Weine, mit viel Charakter. Begleiten Sie mich auf eine genussvolle Reise in ein unbekanntes Weinland.

Ihr Marcel Ribis
Dipl.-Sommelier & Einkäufer bei Tesdorpf

Porto – Vila Nova de Gaia

Dort, wo der Douro in den Atlantik mündet, teilen sich zwei Städte ein gemeinsames Kulturgut: den Portwein. Das Interessante ist, dass nicht Porto die berühmten Portweinhäuser beherbergt, sondern das gegenüberliegende Vila Nova de Gaia, in welches die Porthäuser ihre Lager – aufgrund des mangelnden Platzes zur Reifung der Portweine – bereits vor hundert Jahren umgesiedelt haben. Denn die Reifung des Portweines erfolgt traditionell nach Ernte und Gärung in den Kellern bei Porto. Früher wurden die Fässer mit Schiffen über den Douro nach Porto gebracht, um hier verschnitten und gelagert zu werden, bis sie das gewünschte Alter erreichen. Hier, nahe des Flusses, liegen all die legendären Portweinhäuser wie »Graham‘s«, »Taylor‘s«, »Niepoort« und viele mehr. Die Gründer dieser Häuser kamen oft aus England oder den Niederlanden, um hier Geschäfte zu machen. Ein persönlicher Tipp: Wenn Sie in der Nähe sind, besuchen Sie unbedingt einmal die »Graham‘s Lodge«. Ein kleines Familienmuseum führt in die Geschichte des Portweins ein. Neben den Danksagungen von Barack Obama sind es unzählige Persönlichkeiten, die dort den Portwein huldigen. Im Anschluss an die Museums-Tour können Sie alle Portweine mit einem genialen Ausblick verkosten. Ebenfalls lohnenswert ist ein Besuch bei der Familie Niepoort, welcher allerdings vorab angefragt werden sollte und auch nicht immer möglich ist, da es sich um ein deutlich kleineres Haus handelt.
Porto und seine Geschichte sind einzigartig. Morbide Stadtvillen und frisch sanierte Paläste säumen die Straßen von Porto. Eine Stadt im Aufbruch, die nicht nur architektonisch viel zu bieten hat, sondern auch kulinarisch. Das wohl beste Restaurant der Stadt ist ein Geheimtipp unter Winzern: das »O Gaveto«. Ein Muss, wenn Sie Porto besuchen. Frische Krustentiere und klassische portugiesische Gerichte vom Feinsten werden hier serviert, eine Weinkarte zum Stöbern lädt zu sinnlichen Genussstunden ein. Und wenn Sie Glück haben, begegnen sie womöglich einem der berühmten Winzer in ihrem Stammlokal.

Douro Tal - Pinhão

Das Zentrum des Douro Tales bildet das Dorf Pinhão, welches circa zweieinhalb Autostunden von Porto entfernt im Landesinneren liegt. Von hier aus haben Sie eine perfekte Anbindung an die wichtigsten Quintas (Weingüter) des Douro. Ein Tipp ist die Quinta de La Rosa, ein wunderschön terrassenförmig angelegtes Hotel mit charmantem familiärem Ambiente und einem fantastischen Ausblick. Das Hotel ist zugleich ein kleines Weingut und produziert eine Reihe eleganter Douro Weine.

Douro Tal - Die Portweine

Dass der Portwein eine Renaissance erlebt, ist mittlerweile in Fachkreisen bekannt. Das liegt unter anderem an den Weingütern und Produzenten, welche sich in den letzten Jahren intensiv mit Terroir und Nachhaltigkeit sowie Kommunikation beschäftigt und somit dieses enorme Erbe zukunftsfähig gemacht haben. Ich hatte die Möglichkeit, alle bedeutenden Weingüter zu besuchen und Weine vom Fass sowie gut gereifte Jahrgänge zu verkosten. Besonders herausragende Portweine waren die neuen Jahrgänge der Quinta do Vesuvio 2019 und der Quinta do Malvedos 2019. Eine weitere Entdeckung ist der 2017 Vintage Port von Christiano van Zeller. Er ist unheimlich tief und komplex. Besonders erfreut mich die Tatsache, dass ich es mit viel Überzeugungskraft geschafft habe, auch einige ältere Jahrgänge der Häuser zu ergattern, die ich Ihnen bald bei Tesdorpf anbieten darf..

Douro – trockene Weine

Neben den aufgespriteten Portweinen (auch Fortified Wine genannt) ist der trockene Wein immer mehr in den Fokus der Winzer gerückt. Trockener Douro Wein würde ohne die Leistung von Dirk Niepoort heute nicht dort stehen, wo er ist. Er war es, der die ersten hochwertigen trockenen Weine auf den Markt brachte und mit vielen Vorurteilen aufräumte. Überall, wo man in der Gegend hinkommt, verspürt man Dankbarkeit dafür. Dirk ist eine Art Großvater des trockenen Douro Weinbaus geworden. Und diese Weine haben es in sich! Das, was ich an trockenen Weinen kosten durfte, hat mich zutiefst beeindruckt. Die Tiefe und Komplexität dieser Weine ist einzigartig. Dass die Trauben, aus denen die Weine erzeugt werden, keiner kennt, stört hier niemanden. Es ist vielmehr ein Alleinstellungsmerkmal und verkörpert genau das, was Portugal ausmacht: die Vielfalt an Rebsorten. Über 60 Sorten sind im Douro Tal zugelassen. Sie tragen Namen wie »Rabigato«, »Arinto», »Códega«, »Donzelinho« oder »Viosinho« und sind erst in Kombination zu Großem fähig. Der außergewöhnlichste Winzer, den ich kennenlernen durfte, war Luis Seabra. Seine Weine sind später in einer Blindverkostung vom Tesdorpf-Team zu den Entdeckungen des Jahres 2021 gewählt worden. Ein Teil seiner Weine baut Luis in gebrauchten Fässern von der burgundischen Domaine Leroy aus. Seine Weine sind messerscharf und glasklar, vergleichbar mit großen Burgundern, aber trotzdem eben eigenständig – typisch Portugal und ein absolutes Muss für jeden Weinliebhaber.