Ein Etikett, eine Jahreszahl, ein besonderer Geschmack. Haben Sie sich beim Betrachten einer Weinflasche schon einmal an die Ereignisse des Jahres erinnert, in dem die Trauben geerntet wurden? Sicherlich. Ich kenne viele Weingenießer, die genau deshalb ein paar gut lagerfähige Flaschen im Keller hegen und pflegen. Zur Geburt des ersten Kindes. Nach dem Erwerb des ersten eigenen Hauses. Einen Wein aus dem Jahr, in dem man heiratete oder als der neue, sehr gute Job angeboten wurde. Gründe gibt es unzählig viele, und ab und an ist es schön, sich zu erinnern. Den Wein liebevoll zu entkorken, ihn zu riechen, zu probieren und dann zu wissen: Ja, als dieser Wein in die Flasche gefüllt wurde, da war… Ja, was? Blicken wir zurück ins Jahr 2009 und öffnen wir dabei einen würdigen Vertreter dieses Jahrgangs.
Es sind die kleineren, nicht die ganze Welt (aber irgendwie doch) bewegenden Ereignisse, die vor knapp einem Jahrzehnt für Schlagzeilen sorgten. In Amerika wurde der »Yes, we can!« Präsident vereidigt. Auf dem Hudson River in New York notwassert Flug 1549 der US-Airways, alle 155 Menschen an Bord werden gerettet. Und wer erinnert sich nicht an den 358,5 Meter hohen Richtfunkmast in Berlin-Frohnau, der im Februar gesprengt wurde?Er ging als höchstes Bauwerk in Europa in die Geschichte, das kontrolliert abgerissen wurde. Kulturell feierte Deutschland in diesem Jahr das 60jährige Bestehen der Bundesrepublik und 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung. Hoch die Tassen und die Gläser, ich ziehe einmal den Korken aus dem Secondo di Castello Solicchiata , der 2009 als ein wirklich hervorragender Rotwein seinen Weg von den Hängen des Ätnas in diese Flasche fand. Wohlsein. Auf ein wiedervereinigtes Volk und auf die Demokratie, heute mehr denn je.
Mit der nicht gut laufenden Wirtschaft und der leidigen »Abwrackpräme« (das Wort des Jahres 2009) geht die Musik entsprechend kontra-fröhlich um. Lady Gaga macht ein »Pokerface«, Mando Diao wollen mit irgend jemandem tanzen und Emiliana Torrini trommelt auf ihrer »Jungle Drum« (badoum bada bada badupadoum hat Sie das irgendwann auch so genervt…?). Show und Shine: Der norwegische Sänger Alexander Rybak punktet mit seinem Lied »Fairytale« in Moskau beim ESC auf den ersten Platz. Michael Jackson, der King of Pop, verlässt die irdische Bühne und betritt die Hall of Fame irgendwo anders.
Dann wurde auch die Musik trauriger. Ich selbst habe zu »Wire to Wire« von Razorlight eine ganze Nacht durchgeweint, das lag nicht an Michael Jackson, aber ich dachte ich erwähne es einmal in diesem Zusammenhang. Wein ist sicherlich kein universaler Tröster, aber manchmal erleichtert er die eigene Traurigkeit ein bisschen.
Wo haben Sie 2009 Urlaub gemacht? Wo gewohnt, wo gearbeitet? Können Sie sich erinnern? Was waren es für Momente, die im Kopf geblieben sind? Es tut so gut, am Abend alte Fotos herauszuholen, zeitgenössische Musik anzumachen und ein paar vergangene Momente wieder aufleben zu lassen. Dabei an einem guten Wein nippen und vielleicht ein Stück Käse naschen. Geht es Ihnen nicht auch so, dass Sie den einen oder anderen melancholischen Rückblick in die eigene Vergangenheit brauchen, um mit erhobenem Haupt und voller Zuversicht in die Zukunft blicken zu können? Mensch, was haben wir schon alles gerissen, bewältigt und geschafft. Darauf einen guten Sizilianer. Denn das haben wir uns alle verdient. Wohlsein!