Jutta Ambrositsch: Jede Menge Wien
Der Weinbau in Wien ist so alt wie die Stadt selbst. Rund 700 Hektar des Stadtgebietes ist mit Weinreben bepflanzt. Damit ist Wien die einzige Großstadt der Welt, die innerhalb ihrer Stadtgrenzen nennenswerten ökonomisch relevanten Weinbau praktiziert. Vorwiegend, nämlich zu 80 Prozent,stehen auf den Weinbergen weißenReben, allen voran Grüner Veltliner, Rheinriesling, Weißburgunder,Chardonnayund Welschriesling.Eine wienerische Besonderheit ist der Gemischte Satz, für den mindesten drei verschiedene weiße Sorten in einem Weingarten angebaut und gemeinsam geerntet und verarbeitetwerden.
Wien ist Heimat und Wirkungskreis von rund 400 Winzerinnen und Winzern. So auch von Jutta Ambrositsch. 2004 beschloss die gebürtige Burgenländerin, ihren Job als Art Direktorin bei einer Werbeagentur an den Nagel zu hängen und Winzerin zu werden. Erste Erfahrungen hatte sie zuvor in einem kleinen Weingarten am Eisenberg im Südburgenland gesammelt, den sie als Ausgleich zu ihrem Bürojob mit großer Leidenschaft bewirtschaftete. Zwölf Reihen Riesling am Oberen Reisenberg, gepachtet von Ferdinand Hengl, Obmann des Grinzinger Weinbauvereins,waren schließlich der Beginn ihrer Winzerkarriere in Wien. Und gleichzeitig Grundlage ihrer Entscheidung, ein geliebtes Hobby zum Beruf zu machen.
Wein von Jutta Ambrositsch: Handverlesen und hochbegehrt
Heute bewirtschaftet Jutta Ambrostischvier Hektar Weingärtenrund um Wien–unter anderem am Nussberg, im Mukenthal,im bekannten Heurigen-Dorf Grinzing und in der Wiener Toplage Rosengartl. Ihre Weine sind rar und hochbegehrt, denn die hochengagierte Winzerin hat es innerhalb weniger Jahregeschafft, die Herzen und Gaumen der Kenner im Sturm zu erobern. Woran das liegt? Zum einen an der Hingabe und Muße, mit der Jutta Ambrositsch ihre Reben pflegt und die Trauben in ihren Weinbergen erntet. Jede einzelne ist handverlesen, die schadhaften Stellen sindherausgeschnitten. Gelesen wird nur sonntags, damit alle Freunde von Jutta Ambrositsch mithelfen können. Wo andere Lesennachsechs Tagen vorbei sind, brauchen Jutta Ambrositsch und ihr Team sechs Wochen. Gut Ding, das zeigt sich auch hier, will eben Weile haben.
Weine wie Erinnerungen
Belohnt wird der Einsatz mit einer herausragenden Traubenqualität, die in der Wiener Winzerszene ihres Gleichen sucht. ImWeinkeller zähltbei Jutta Ambrositsch ebenfalls das pure analoge Handwerk, das mit demgeringstmöglichen Einsatz von Technikauskommt.Denn auch hier lässt die junge Winzerin der Natur lieber ihren Lauf und versucht, den Geschmack der Traube so unverfälscht wie möglich in die Flasche zu bringen. „Wenn man meinen Wein trinkt, soll man im Idealfall eine Vorstellung vom Weingarten haben und das Jahr schmecken. Eigentlich sind meine Weine wie Erinnerungen“, so beschriebes dieWahlwienerin in einem Interview.
Ein Manifest: Buschenschank In Residence
An 10 Wochenenden im Jahr öffnet sie ihren, wie sie selbstsagt,„rigoros authentischen ́Buschenschank In Residence`“in Grinzing –eine Art persönliches Manifest gegen den
Massentourismus in dem eigentlich beschaulichen Weinort und die oft mindere Qualität der Weine, Speisen und musikalischen Darbietungen. Im „Buschenschank In Residence“ gibt es wohlschmeckendes, frisches Essenaus artgerecht und ressourcenschonend hergestelltenProduktenbefreundeter Kleinproduzent:innen und natürlich Jutta Ambrositsch` wunderbare Weine. Ihren Gemischten Satz zum Beispiel, diejenigeWiener Spezialität, deren Tradition sie gewissenhaft pflegt, die sie aus bis zu 20 weißen Sorten komponiert und die bei ihr so klangvolle Namen trägt wieSatellit oder Sieveringer Ringelspiel.Oder denRiesling Utopie, ein geschliffen klarer Riesling mit kühlen, mineralischen Schattierungen und knackiger Frucht. Oder –auf der roten Seite –denam Eisenberg gemeinsam mit Christoph Wachter erzeugten Hetfleisch Blaufränkisch, Jutta Ambrositsch` Hommage an den seit vielen Jahren geschlossenen Gasthof Erika Hetfleisch im Südburgenland, den sie früher oft und gern besuchte.
UnserFazit: Winzerinnen und Winzer wie Jutta Ambrositsch gibt es nicht viele, aber sie sind so ungemein wichtig für Wien, da sie die alten Traditionen auf eine wertschätzende, bewusste Art und Weise in die Gegenwart heben. Und wenn dann dabei noch so herrlicheWeine herauskommen, bleiben keine Wünsche offen!