Domaine Leflaive – Weltklasse als Resultat kluger Entscheidungen
Üblicherweise reichen die Geschichtserzählungen der großen Winzerdynastien im Burgund über Jahrhunderte zurück. Das ist im Falle der Familie Leflaive nicht anders, kann allerdings vernachlässigt werden, denn erst 1905 geht es richtig los. Die Reblaus-Katastrophe ist fast, aber noch nicht ganz überwunden, viele Parzellen in der Region sind günstig zu erwerben, und Joseph Leflaive, eigentlich im Schiffsbau tätig, beweist vorausschauenden Geschäftssinn. Er investiert in neue Weinberge, setzt ein ambitioniertes Wiederbepflanzungsprogramm durch und erweitert die Rebflächen schrittweise auf 25 Hektar. Der Anfang ist gemacht.
1953 übernehmen die Söhne Vincent und Joseph, setzen den schon vom Vater erfolgreich eingeschlagenen Weg der Selbstvermarktung engagiert fort und führen die Domaine peu à peu in die Bel Etage der Côte de Beaune. 1973 trifft der weitverzweigte Leflaive-Clan einer durch Erbschaften drohenden Zersplitterung des Besitzes entgegen und entscheidet, dass fortan alle Familienmitglieder ihre individuellen Parzellen an die Domaine verpachten. Die Einheit ist gesichert – die Zukunft kann beginnen.
1990 geht die Leitung auf Vincents Tochter Anne-Claude und ihren Cousin Olivier über. Letzterer entschließt sich schon nach kurzer Zeit neu und widmet sich lieber der Führung des familieneigenen Weinhandelsunternehmen, womit die ganze Verantwortung in die, wie sich zeigen soll – magischen – Hände von Anne-Claude gelangt. Sie ist es, die in den Folgejahren den Aufstieg von Leflaive zum Mythos begründen soll. Als eine der Pioniere des nachhaltigen Weinbaus in Frankreich schlechthin hat sie die Domaine schon 1999 vollständig auf biodynamische Bewirtschaftung umgestellt. Zu diesem Zeitpunkt steht Leflaive bereits unumstritten an der Spitze der Appellation Puligny-Montrachet – und damit des ganzen Burgunds.
2015 betrauert die internationale Weinwelt den tragisch-frühen Tod der Anne-Claude Leflaive, die mit ihrer unermüdlichen, unkonventionellen und freigeistigen Arbeit zum Vorbild für Winzer auf der ganzen Welt geworden war. Ihr Großneffe Brice de la Morandière tritt hiernach in die Verantwortung für die Domaine und führt seitdem das leuchtende Vermächtnis der Anne-Claude mit Bravour in die Zukunft.
Puligny-Montrachet – gesegneter Boden
Die Appellation Puligny-Montrachet im südlichen Teil der Côte de Beaune umfasst lediglich 235 Hektar Rebfläche, hat ihren Weltruf somit augenfällig nicht über Masse erworben, sondern ausschließlich durch überragende Qualität. Auf den südöstlich ausgerichteten Weinbergen gedeihen die Chardonnay-Reben auf von Jurakalk und Mergel dominierten Böden. Hier und nur hier erlangen sie die mineralische Frische, die filigrane Frucht und den besonderen Schmelz, für den die Chardonnay aus ebendieser Appellation auf der ganzen Welt so sehr geschätzt werden. Gut ein Zehntel der Rebflächen von Puligny-Montrachet entfallen auf den Besitz der Domaine Leflaive, die selbstredend auf den privilegiertesten Lagen der Appellation repräsentiert ist. Das Herzstück bilden die Grand-Cru-Parzellen Montrachet, Bâtard-Montrachet und Chevalier-Montrachet und ferner die nicht minder wohlklingenden Premier-Cru-Lagen Les Pucelle, Les Clavoillons, Les Combettes und Les Folatièrs.
C’est tout – die Leflaive-Magie
Das außergewöhnliche Terroir von Puligny-Montrachet kann somit gewiss als die halbe Miete verstanden werden – wohlgemerkt als die halbe, denn die besondere Leflaive-Magie entsteht erst durch die Arbeit im Weinberg und im Keller. Hier ist jeder Arbeitsschritt systematisch auf maximale Qualität ausgerichtet und zugleich die Erfahrung aus Jahrzehnten einem klar definierten Schema unterworfen: selektive Traubenernte, langsame oxidative Pressung, Sedimentation, Vergärung im Barrique mit marginalem Neuholzanteil, ein Jahr Ausbau im Fass auf der Hefe, ein weiteres halbes Jahr Reifung in Edelstahltanks. „C’est tout“, könnte man fast sagen und muss doch niederknien, vor so viel Hingabe, Präzision und Beständigkeit auf höchstem Niveau.
Die Leflaives als burgundische Weinfamilie
Ausgehend von der traditionellen Herzkammer des Weingutes hat die burgundische Winzerfamilie Leflaive ihre Aktivitäten schrittweise ausgedehnt. Gewissermaßen vier Familienstränge definieren den Leitspruch: „In derselben Wiege geboren und nach denselben Prinzipien aufgewachsen, unterschiedliche Persönlichkeiten zum Ausdruck bringend“:
- Domaine Leflaive: Das Familiengut im Herzen von Puligny-Montrachet, sozusagen der Leflaive-Nukleus mit seinen weltberühmten Grand-Cru-Raritäten, insgesamt fünf Premier Crus, der beliebten Villages-Cuvées und einem nicht minder begehrten Bourgogne AOP.
- Domaines Leflaive (Mâcon):Hierunter zusammengefasst sind die weiter südlich im Burgund, in der Region Mâconnais, voranschreitenden Aktivitäten der Leflaive-Familie, in diversen lokalen Appellationen, unter anderem in Mâcon-Verzé. Ab 2023 wird auch hier alles auf Biodynamik umgestellt sein.
- Esprit Leflaive: Mit dieser Weinkollektion kennzeichnet das Haus Leflaive sein nördliches Engagement an der Côte de Beaune und der Côte de Nuits. Wenig überraschend widmet man sich hier dem Pinot Noir, unter anderem mit einem Premier Cru Pommard und einem Nuits-Saint-Georges Villages.
- Leflaive & Associés:Wie der Name es vermuten lässt, geht es hier um die Kooperation mit befreundeten Winzern, um Regionen, die für großartige Burgund-Qualität abseits der Premium-Lagen stehen. Leflaive spricht vom „Tor zu den großen Weinen des Burgunds“, mithin zu jenen der Domain selbst.
Im nicht einmal vierhundert Einwohner zählenden Puligny-Montrachet ist die Domaine Leflaive fraglos der Platzhirsch, in der Welt des Weins indes ein Gigant. Steht Romanée-Conti emblematisch für perfekten Pinot Noir, folgt Leflaive auf dem Fuße als Hochkirche des Chardonnay. Tout est dit!