Blandy's Madeira

Blandy’s Madeira

Für viele ist Madeira die üppig grüne Blumeninsel, die ganzjährig zu herrlichen Wanderungen lockt. Weniger bekannt ist hingegen, dass die zu Portugal gehörende Vulkaninsel inmitten des Atlantiks eine jahrhundertealte Weinbautradition besitzt: Von hier stammt der gleichnamige „Madeira“, ein weltbekannter Likörwein mit langer, außergewöhnlicher Geschichte. Blandy's ist eines der nur wenigen Erzeugerhäuser, die Madeira-Wein herstellen und das wohl traditionsreichste unter ihnen. Blandy's steht für eine hervorragende Weinqualität und spielte in der Entwicklung des Madeira-Weins eine zentrale Rolle.

Die Weinikone von der Vulkaninsel

Beim Madeira handelt es sich um einen geradezu ikonischen Likörwein, der in erster Linie aus fünf speziellen Weißwein-, aber auch aus einer für ihn zugelassenen Rotweinsorte hergestellt wird. Dabei stehen vier der weißen Rebsorten für jeweils eine Stil des Madeira: Trocken, halbtrocken, halbsüß und süß. Die Reben wachsen auf den zerklüfteten Hängen der Vulkaninsel in Weingärten, die oftmals nicht größer sind als ein Tennisplatz. Der Weinbau ist hier eine enorme Herausforderung, denn ebene Flächen sucht man auf Madeira vergeblich. Das Terrain ist so steil, dass der Einsatz von Maschinen unmöglich ist. Aus diesem Grund wird der Madeira vom Anbau bis zu Lese nahezu komplett in traditioneller Handarbeit produziert. Die Erzeuger, allen voran Blandy´s, beziehen die Trauben für ihre Weine von hunderten Kleinbauern, die alle ihre eigene winzige Parzelle bewirtschaften. Das macht die Madeira-Produktion nicht nur zu einer territorialen, sondern auch zu einer logistischen Meisterleistung, denn es gilt, alle Trauben zum optimalen Zeitpunkt zu lesen und zu verarbeiten. Dass sich die Weinberge außerdem auf sieben unterschiedliche Mikroklimata verteilen und alle sechs verwendeten Rebsorten ihre eigenen Bedürfnisse haben, macht die Sache nicht eben leichter. Aus diesem Grund erstreckt sich die Weinlese auf Madeira von Mitte Juli bis Ende Oktober. Ebenso ausgeklügelt wie der Weinanbau, die Lesezeitpunkte und die Lieferketten ist auch die Bewässerung der Rebstöcke. Sie erfolgt über ein uraltes Kanalsystem, die so genannten Levadas, die das Wasser von den Bergen zu den Anbauflächen hinunter bis zum Meer leiten.

Das Geheimnis der Säure

Oftmals wird der Madeira mit dem Portwein in eine Schublade gesteckt. Doch es gibt einen klaren Unterschied, der seinen Ursprung in der Qualität der Böden Madeiras hat. Die Rebstöcke stehen hier auf vulkanischem Grund, der wegen seines niedrigen pH-Wertes extrem säurehaltig ist. Die Säure gibt er an die Trauben und somit an den Madeira weiter. Sie sorgt dafür, dass Madeira-Weine selbst nach Jahrzehnten noch so leichtfüßig und frisch daherkommen, als wären sie gerade in die Falsche gefüllt worden. Die unvergleichliche Säurestruktur ist es auch, die es schafft, die ausgeprägte Süße des Likörweins auszugleichen. Ein Madeira ist dadurch im Mund nicht schwer und klebrig, sondern wunderbar komplex und ausbalanciert. Dies hebt ihn von jedem Portwein oder auch Sherry ab.

So genießt man Madeira

Madeira-Weine sind braun-gold im Glas und zeigen enorm konzentrierte Aromen von Nüssen, Honig, Zitrus- und Trockenfrüchten, Orange, Balsamico, Vanille und Karamell. Oft haben sie mehr als 100 Gramm Restzucker pro Liter, fühlen sich dabei aber nicht unbedingt süß an. Sie sind ein furioses Finale für ein Festessen, entweder zum Dessert, oder anstelle dessen. Aber auch als Aperitif oder in Longdrinks und Cocktails macht der Likörwein eine sehr gute Figur. Je nach Rebsorte und Süßegrad harmoniert der Alleskönner außerdem perfekt mit verschiedensten Speisen. So schmeckt trockener Sercial besonders gut zu Fisch und salzigen Gerichten, ein halbtrockener Verdelho zu Schinken, Pilzen und Pastete. Zu mildem Weichkäse wie Reblochon und Camenbert, aber auch zu Schokolade und Gebäck passt ein halbsüßer Boal wunderbar, während der süße Malvasia der ideale Begleiter fruchtiger Desserts und kräftiger Käsesorten, allen voran Blauschimmelkäse, ist. Wichtig zu wissen: Im Gegensatz zu den meisten anderen Weinen sollte der Madeira stehend gelagert werden. Je nach Herstellung und Charakter ist er jahre- oder viele jahrzehntelang lagerungsfähig.

200 Jahre Weingeschichte: Das Haus Blandy’s

Die Familie Blandy ist die einzige Erzeugerfamilie auf Madeira, die den Weinhandel auf der Vulkaninsel mitbegründet hat und dort noch heute ihr eigenes Weinunternehmen führt. Im Laufe ihrer langen Geschichte auf der Insel hat die Familie die Entstehung und Entwicklung des Madeira-Weins entscheidend mitgeprägt. Inzwischen blicken die Blandy´s auf mehr als zwei Jahrhunderte eigene Weingeschichte zurück. John Blandy, Gründer von Blandys Madeira, kam im Jahr 1808 auf die Insel. 1811 gründete er gemeinsam mit seinen Brüdern Thomas und George ein Unternehmen, das mit Weinen handelte. Schon bald begann er mit der Herstellung eigener Madeira-Weine. Im Laufe der Jahre kaufte John Blandy rund 20 kleine Grundstücke. Auf dem Land der Familie steht heute die bekannte „Blandy's Wine Lodge". Über Generationen hinweg arbeitete die Familie Blandy stetig daran, die Qualität des Madeira zu verbessern. Im Jahr 2000 brachte sie einen sehr hochwertigen Vintage-Wein, also einen Madeira eines einzigen ausgewählten Jahrgangs heraus, bekannt als „Colheita Blandy's Malmsey 1994 Harves“. Mit dem „Colheita“ schuf das Haus Blandy´s eine wichtige neue Kategorie von Madeira-Weinen der Premiumklasse. Heute leitet Chris Blandy die „Blandy's Wine Lodge“ im Zentrum der Hauptstadt Funchal. Die Produktions- und Lagerstätten des traditionellen Erzeugerhauses haben aufgrund der Sonneneinstrahlung, der Ziegeldächer, der dicken Steinwände und des Holzbodens ein einzigartiges Mikroklima. Darüber hinaus besitzt jeder Raum eine individuelle Temperatur und Luftfeuchtigkeit, so dass die hier lagernden Weine je nach Standort unterschiedliche Alterungsprofile aufweisen. Der „Vintage Room“ ist die Kathedrale der seltensten und ältesten Madeira-Weine von Blandys. Hier liegen Madeiras, deren Herstellung bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Zum Beispiel der „Blandy's Bual 1920“. Insgesamt lagern mehr als 650 Fässer mit den besten Weinen in der Blandy's Wine Lodge, und der Name Blandy´s ist nach wie vor ein Garant für eine herausragend gute Madeira-Qualität.

Eine heiße Sache: So entsteht Madeira

Wie bereits berichtet, umfasst der Weinstil Madeira eine Reihe von Weinen mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten. Der Ausbau reicht von trocken bis süß, die Farbe von hellgelb bis goldbraun und auch die geschmacklichen Nuancen variieren je nach gewählter Traube oder Alter des Weins. Der Alkoholgehalt liegt zwischen 17 und 22 Prozent. Gemein ist allen Madeiras ihr außergewöhnliches Herstellungsverfahren: Die Gärung des Mosts wird durch den Zusatz von 96-prozentigem, reinem Alkohol unterbrochen. Das nennt man Aufspritzen. Auf diese Weise vergärt der anteilige Zucker nicht gänzlich und der Wein behält eine entsprechende Süße. Der Zeitpunkt der Unterbrechung richtet sich nach dem für den Wein angestrebten Süßegrad. So erlangt man die vier Weinstile trocken, halbtrocken, halbsüß und süß. Nach der Gärung und dem Aufspritzen behandeln die Erzeuger den Madeira so, wie es für nahezu alle anderen Weine undenkbar wäre: Jeder Madeira-Wein wird auf bis zu 50 Grad Celsius erhitzt. Die allerfeinsten Weine wandern hierfür in südwärts gerichtete Räume oder gar auf den Dachboden und reifen durch die Wärme der Sonne. Die hohen Temperaturen sorgen dafür, dass der Madeira oxidiert und sich mit Sauerstoff verbindet. Er wird dabei goldbraun bis dunkelbraun und entwickelt die typische Madeirafarbe. Dieses Verfahren wird als „Canteiro-System“ bezeichnet und ist aufgrund des hohen Aufwandes heute eher selten geworden. Weiter verbreitet ist inzwischen die "Estufagem-Methode“, bei der die Erzeuger die Heiztemperatur während des Reifungsprozesses kontrollieren. Die Weine lagern hierfür in Edelstahltanks, die maschinell erhitzt werden. Anschließend wird dem Madeira eine dreimonatige Ruhepause gegönnt, die sogenannte Estágio.

Ist die Oxidation bei normalen Tischweinen in den meisten Fällen ein Zeichen, diesen nicht mehr zu trinken, profitiert der Madeira als süßer Wein mit starker Säure von der Verbindung mit dem Sauerstoff. Denn hierdurch entsteht ein super intensiver Dessertwein mit den für den Madeira charakteristischen konzentrierten Aromen. Da der Madeira-Wein bereits zu diesem frühen Zeitpunkt vollständig oxidiert und somit gereift ist, kann er anschließend im Prinzip gar nicht mehr altern. Dies macht den Wein extrem lagerungsfähig. Tatsächlich gehören Madeiras zu den vermutlich ältesten Weinen, die es noch regulär im Handel gibt. Teilweise sind sie bis zu 200 Jahre alt. Das Erhitzen des Madeira-Weins während des Reifungsprozesses ist zweifellos einzigartig in der Weinwelt und trägt viel zu der Faszination bei, die er auf Liebhaber von Likörweinen ausübt.

Madeira: Es begann auf hoher See

Wie viele große Erfindungen war die Entdeckung, den Madeira-Wein zu erhitzen, ein Zufall. Zumindest besagt das die Legende. Zu Seefahrerzeiten befanden sich stets auch Weinfässer auf den Schiffen. Einmal wurde ein Fass Wein nach einer langen Reise nach Indien ungeöffnet an zurückgegeben. Nach der Verkostung des Weins stellte man fest, dass er nun viel besser schmeckte. Die Verbesserung führten die Erzeuger darauf zurück, dass das Schiff einige Male den Äquator überquert hatte und der Wein durch die hohen tropischen Temperaturen natürlich erwärmt worden war. Über viele Jahre hinweg wurde die Praxis des Hin- und Rücktransports von Madeira-Weinen zur Tradition und führte zur Entstehung des "vinho da roda" (Rundreise-Wein). Mit der Zeit wurde dieser Prozess aber zu teuer und die Erzeuger begannen, das "canteiro-System" anzuwenden.

Exklusive Auswahl: Das sind die Rebsorten für den Madeira

Madeira-Wein wird im Wesentlichen aus fünf weißen Reben hergestellt: Sercial, Verdelho, Bual, Terrantez und Malvasia. Dazu gesellt sich im roten Bereich noch die rote Rebsorte Tinta Negra Mole. Vier der weißen Trauben, die sogenannten „Edlen“ stehen dabei charakteristisch für einen bestimmten Madeira-Weinstil: trocken, halbtrocken, halbsüß oder süß.

Sercial

Die weiße Sorte Sercial verwenden die Erzeuger, um einen trockenen Madeira herzustellen. Dieser ist reif und säurebetont und offenbart Aromen von Nüssen und Zitrusfrüchten. Ein passt perfekt Fisch und salzigen Speisen wie Nüssen, Oliven sowie Suppen auf Brühebasis.

Verdelho

Der weiße Verdelho ist die Basis für die halbtrockene Variante des Madeira mit einem vergleichsweise leichten Körper. Er wird häufig als Rainwater Madeira bezeichnet und besitzt neben Aromen von Honig und Trockenfrüchten auch herbere Nuancen von Kakao und Kaffee. Ein idealer Begleiter zu Prosciutto, Pilzgerichten oder auch Kaviar.

Bual

Die Rebsorte Bual, auch Boal geschrieben, ergibt einen hocharomatischen, halbtrockenen Madeira. Die Weißweinsorte begeistert mit feinen Zitrusnoten und einem perfekten Wechselspiel aus Säure und Süße. Perfekt als Dessertwein oder zu mildem Weichkäse!

Malvasia

Der Malvasia oder Malmsey Madeira repräsentiert den vollmundigen süßen Madeira-Stil. Aromen von Vanille und Toffee machen ihn zu einem hervorragenden Dessertwein zu Käsekuchen, Tiramisu, Crème Brûlée oder dunkler Schokolade. Aber auch die Kombination mit kräftigem Käse, vor allem Blauschimmelkäse, ist wunderbar!

Terrantez

Diese weiße traditionelle Sorte wird trocken, halbtrocken und süß ausgebaut und ist vergleichsweise selten. Charakteristisch für den Terrantez ist ein leicht bitterer Abgang sowie Noten von Rauch und Kaffee.

Tinta Negra Mole

Die einzige rote Sorte, die zur Produktion von Madeira zugelassen ist. Auch bekannt als „die schwarze Samtige“. Der Tinta Negra Mole ist nicht ganz so edel wie die weißen Madeira-Sorten, aber sehr vielseitig. Daher wird auch er zu Madeira-Weinen aller vier Stile ausgebaut.

Alter und Jahrgang: Die Madeira-Klassifikationen

Es gibt zwei Arten, die Qualitäten der Madeira-Weine zu klassifizieren: Nach der Angabe des Alters und der Angabe des Jahrgangs.

1. Madeira-Klassifikation nach Alter:

Seleccionado

Mindestens drei, maximal fünf Jahre alt.

Rainwater

Maximal fünf Jahre alt.

Three Years old Reserve (Fine)

In der Regel aus Tinta Negra Mole. Mindestens drei Jahre alt.

Five Years old Reserve

Maximal 15 Prozent Tinta Negra Mole. Die anderen Sorten sind aufgeführt. Der jüngste Wein ist mindestens fünf Jahre alt, aber weniger als zehn Jahre alt.

Alvada

Mindestens fünfjähriger Verschnitt

Ten Years old Reserve (Special Reserve oder Reserva Velha)

Der jüngste Wein ist mindestens 10 Jahre alt.

Fifteen Years Old Reserve (Extra Reserve)

Früher nicht erlaubt. Wird heute zu besonderen Anlässen abgefüllt.

Twenty Years Old Reserve

Zwanzig oder mehr Jahre, aber weniger als dreißig Jahre alt.

Thirty Years Old Reserve

Dreißig oder mehr Jahre, aber weniger als vierzig Jahre alt.

Over Forty Years Old Reserve

Mehr als vierzig Jahre alt.

2. Madeira-Klassifikation nach Jahrgang:

Colheita

Colheitas sind Weine, die zu mindestens 85 Prozent aus der Weinlese eines identischen Jahres und zu mindestens 85 Prozent aus nur einer der empfohlenen oder genehmigten Rebsorten hergestellt wurden. Sie werden für mindestens fünf, höchstens aber zwanzig Jahre gelagert. Wenn sich ein Madeira, der als Colheita gelagert wurde, im Zuge seiner Reifung als qualitativ überdurchschnittlich hochwertig herausstellt, kann er als Vintage Madeira weiter ausgebaut werden werden.

Vintage Madeira

Der Vintage Madeira (Frasqueira) trägt eine Jahreszahl auf dem Etikett und enthält ausschließlich Wein aus diesem Jahrgang und aus einer Rebsorte. Vintage Madeiras gelten als die edelsten Madeiras. Bevor sie abgefüllt werden, lagern sie mindestens 20 Jahre lang im Fass. Viele von ihnen liegen allerdings viel länger im Holz, teilweise mehr als hundert Jahre. Die lange Lagerdauer bringt die beim Madeira gewünscht Oxidation mit sich. Außerdem sind die Weine aufgrund der zunehmenden Verdunstung extrem konzentriert. Diese Eigenschaften machen einen Vintage Madeiras fast unbegrenzt haltbar.